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„Wir brauchen Echtheit in der Politik“ – Interview mit Annegret Kramp-Karrenbauer

Gut zwei Jahre lang war Annegret Kramp-Karrenbauer Parteivorsitzende der CDU. Im Interview mit Frank Wagner spricht sie über ihre Zustimmungswerte, den Unterschied zwischen der Bundespolitik und dem Saarland und darüber, warum sie manche Dinge deutlicher als Angela Merkel aussprechen kann.

Interview: Frank Wagner

Frau Kramp-Karrenbauer, nicht nur in der Bundespressekonferenz auch in der gesamten Republik ist der Fortbestand der GroKo ein Dauerthema. Wie lange hält die Koalition noch?

Die Koalition gibt es jetzt seit einem Jahr, der letzte Koalitionsausschuss war eine ganz unspektakuläre Arbeitssitzung. Das ist erstmal ein gutes Zeichen. Die Umfragen in der eigenen Partei und auch außerhalb machen sehr deutlich, dass sich die Menschen wünschen, dass die Kanzlerin weiterhin Kanzlerin bleibt. Das ist auch mein Wunsch. Wir sind alle gewählt worden, um zu regieren, das ist eine hohe Verantwortung, die wir haben. Und es muss sich jetzt zeigen, ob diese Große Koalition auch die Substanz hat, mit neuen Herausforderungen fertig zu werden, sollten die Zeiten mit Blick auf die Haushaltslage, die wirtschaftliche Entwicklung schwieriger werden. Ich würde mir das wünschen, aber das wird man eben in den nächsten Monaten sehen. Für die CDU kann ich nur sagen, unserer Interesse ist es, dass diese Regierung erfolgreich arbeitet.

Und die SPD wäre ja auch schlecht beraten auszusteigen, weil sie dann ja vermutlich nicht erneut in Regierungsverantwortung käme.

Das muss die SPD für sich entscheiden, das ist eine eigene Angelegenheit der Sozialdemokraten.

Sie sind aber nach wie vor jederzeit bereit, das Amt der Regierungschefin zu übernehmen?

Die oder der CDU-Vorsitzende hat immer die Aufgabe, diesen Prozess von vorne weg zu führen und das habe ich erklärt. Das ist mir sehr bewusst gewesen, als ich mich zur Wahl gestellt habe. Das ist eine hohe Verantwortung und diese nehme ich auch in die Hand.

Nun gab es unlängst Zahlen vom ZDF-Politbarometer, wonach Ihnen aktuell nur 34 Prozent die Kanzlerschaft zutrauen, 51 Prozent sagen dagegen, Sie seien als Kanzlerin ungeeignet. Was ist da los?

Also, zum einen ist es natürlich schöner, wenn man bessere Zahlen hat, das ist überhaupt keine Frage. Aber zum Anderen werde ich jetzt vor allen Dingen als Vertreterin einer Partei wahrgenommen und damit auch als jemand, der in einer politischen Kontroverse steckt. Das verändert dann auch persönliche Bewertungen. Solange sich die CDU in den Umfragen verbessert – das war bei uns mit Blick auf die politische Stimmung und die Europawahl der Fall – ist für die Vorsitzende alles okay.

Am Anfang hat man Ihnen unterstellt, Sie könnten eine „Merkel 2.0“ werden und „Alles“ würde weitergehen wie bisher. Tatsächlich geben Sie ein durchaus anderes Bild ab. Gehören dazu vielleicht auch ein paar thematische Tabubrüche, mit denen Sie deutlich machen, dass Sie anders sind?

Ich habe schon bei meiner Bewerbung ganz deutlich gemacht, dass ich mich jetzt nicht künstlich von Angela Merkel absetze. Und das tue ich auch nicht. Wir haben viele Punkte, bei denen wir gemeinsame Auffassungen haben, aber auch das eine oder andere, wo wir uns sicherlich auch ähneln, trotzdem waren wir von Anfang natürlich immer sehr unterschiedliche Personen. Ich habe eine andere Art zu kommunizieren, bin in manchen Punkten deutlicher. Als Parteivorsitzende kann ich auch in manchen Punkten deutlicher sein. Eine Kanzlerin muss immer Rücksicht auf das Amt und zum Beispiel internationale Situationen nehmen. Und darin steckt ja im Moment die Chance für die CDU mit Blick auf die Profilbildung der Partei: Da ist eben eine Parteivorsitzende, die im Moment auf diese Dinge keine Rücksicht nehmen muss. Das ermöglicht es mir, manche Dinge, die Angela Merkel vielleicht genauso sieht, deutlicher auszusprechen als sie das vorher konnte.

Das heißt, Sie nutzen die Gelegenheit, jetzt, wo sie noch nicht Bundeskanzlerin sind, die Grenzen neu zu kennzeichnen?

Ich nutze die Gelegenheit, egal, was in der Zukunft kommt, um die Partei so aufzustellen, dass wir inhaltlich, personell, aber auch organisatorisch jederzeit in der Lage wären, wenn Entscheidungen anstehen und Wahlen kommen sollten, diese so zu gestalten, dass wir in die Verlegenheit kommen, wieder einen Regierungschef oder eine Regierungschefin zu stellen. Deswegen haben die Delegierten mich auf dem Parteitag gewählt und diese Aufgabe nehme ich auch sehr ernst.

Frau Kramp-Karrenbauer, wir haben jetzt 100 Tage „AKK“ hinter uns. Wie fällt ihre persönliche Bilanz aus?

Ich bin insgesamt sehr zufrieden. Denn die Aufgabe war, nach dem spannenden Parteitag deutlich zu machen, dass diese Partei zusammensteht, dass wir gemeinsam mit der CSU insbesondere in den Europawahlkampf gehen. Wir haben erste inhaltliche Schwerpunkte gesetzt, beim Werkstattgespräch zur Migrations- und Flüchtlingspolitik, aber auch jetzt in der Europapolitik und wir haben uns noch einige Themen vorgenommen – also insofern ein ganz guter Start. Aber es ist noch viel zu tun.

Da Sie gerade das Werkstattgespräch zur Flüchtlingspolitik erwähnen: Im Wahlkampf für den Parteivorsitz hatten Sie gefordert, straffälligen Asylbewerbern die erneute Einreise in den Schengen-Raum lebenslang zu verwehren. Sind Sie weiter an dem Thema dran?

Wir werden jetzt im Rahmen des Europa-Wahlprogramms darüber reden. Es ging darum, dass diejenigen – egal in welchem Status – die hier schwerste Gewalttaten begehen, das Land verlassen müssen, entweder bevor sie die Haft antreten oder nachdem sie die Haft abgesessen haben. Das ist heute schon möglich. Ich bin nur der Meinung, wenn wir Schengen wirklich als gemeinsamen Sicherheitsraum ausgestalten wollen, dann muss dieses Wiedereinreiseverbot nicht nur für Deutschland gelten, sondern für den gesamten Schengenraum. Das ist rechtlich möglich und ich würde mich sehr freuen, wenn wir das als CDU/CSU wirklich auch ins Wahlprogramm aufnehmen.

Sie hatten beim Parteitag in Hamburg gesagt, die Themen bzw. politischen Entscheidungen müssten ihren Weg von der Partei in die Fraktion und dann zur Regierung nehmen – nicht umgekehrt. Sprich, die Partei sollte nicht mehr nur mit dem klarkommen müssen, was die Regierung entscheidet, sondern auch selbst Akzente setzen. Läuft diese Strategie inzwischen an?

Natürlich gibt es Themen, die aus der Tagesaktualität kommen und Regierungshandeln bzw. Fraktionshandeln sind. Aber ich glaube, es war wichtig, dass die Partei jetzt einen europapolitischen Aufschlag gesetzt hat, dass die Partei jetzt diejenige ist, die sich mit dem Artikel 13, also dem Urheberrecht im Internet, auseinandersetzt und Vorschläge gemacht hat, wie man dies national umsetzen kann. Damit hat die Partei auch einen Konflikt entschärft. Das zeigt, diese Partei will inhaltlich Duftmarken setzen, will arbeiten. Insofern glaube ich, dass wir auf einem guten Weg sind.

Sie hatte im Interview mit dem Magazin der Jungen Union gesagt, Sie bzw. die Partei wären gerne „Herrin der Bilder“ und würden auch ihre Nachrichten selbst produzieren. Verschiedene Journalistenverbände befürchten die Beschneidung ihrer Arbeitsmöglichkeiten, wenn Sie in der Partei künftig einen so genannten „Newsroom“ für eigene Bilder und Nachrichten einrichten. Was ist da dran?

Darum geht es überhaupt nicht. Ich glaube, wenn man in diesen Zeiten ein wenig um uns herum schaut, leider auch in Europa, dann weiß man, was ein unabhängiger Journalismus wert ist. Die CDU hat sich immer dazu bekannt und wird sich auch weiter dazu bekennen. Aber ein „Newsroom“-Konzept ist im Übrigen etwas, das sich mittlerweile jeder überlegt, der mit moderner Kommunikation arbeitet. Es geht ja vor allem darum, dass man unterschiedliche Kanäle nutzt. Und natürlich muss eine Partei ihre Botschaften, insbesondere auch an ihre Mitglieder, sehr schnell und sehr authentisch verbreiten können. Und wenn wir jetzt zum Beispiel eigene Diskussionsformate produzieren – insbesondere für unsere Mitglieder aber auch live gestreamt, so dass sich Interessierte das anschauen können – dann schließt das kritischen Journalismus aus meiner Sicht in keinster Weise aus.

Es geht Ihnen demnach um die interne Kommunikation in der Partei und bei ihren Anhängern und nicht darum, die Schlagzeilen zu bestimmen, indem man Journalisten ausschließt und die Nachrichten selbst generiert?

Nein, überhaupt nicht.

Stichwort Presse: Anders als früher im Saarland stehen Sie nun überall auf der bundespolitischen Bühne, egal, ob Sie in Berlin oder in einem deutlich kleineren Ort in Deutschland auftreten. Stört sie das bzw. beeinflusst sie das in ihrer Wortwahl?

Das ist ein Fakt, mit dem man umgehen muss und an das man sich auch gewöhnen muss. Es darf allerdings nicht dazu führen, dass man dann im Grunde genommen bereits eine vorgeschaltete Zensur im Kopf hat. Denn wenn man das zulässt, verliert man auch seine Authentizität. Die ist mir sehr wichtig. Deswegen ist es immer ein schmaler Grat zwischen der Frage, wo glätte ich sozusagen meine Sprache, damit es möglichst wenig Angriffsfläche gibt und wo würde das dazu führen, dass man selbst inhaltliche Positionen aus seiner eigenen Persönlichkeit aufgeben müsste. Natürlich gibt es einige Menschen, die ganz bewusst nach bestimmten Formulierungen suchen – wir stecken in einer politischen Auseinandersetzung, da darf man nicht naiv sein. Ich glaube aber, dass wir in der Politik eine gewisse Echtheit brauchen. Und wenn diese Echtheit das eine oder andere Mal zu einer Auseinandersetzung führt, dann muss man das Risiko eben kennen und bereit sein, damit zu leben. Und das bin ich.

„Das Umweltministerium leidet unter der neuen Großen Koalition – schon wieder!“

Von 1998 bis 2005 war Jürgen Trittin Bundesumweltminister. Immer wieder wurde das Ministerium in seinen Kompetenzen verändert, bis hin zur neuen Großen Koalition, die gerade gestartet ist. Im Interview erklärt er, was hinter den Veränderungen steckt und warum die Veränderung einiger Ministerien nottut.

Interview: Frank Wagner

Herr Trittin, die neue Bundesregierung ist sechs Monate nach der Wahl gebildet und bringt direkt einige Änderungen mit sich: Zuletzt war das Umweltressort, das Sie selbst ja von 1998 bis 2005 als Minister geführt haben, mit dem Bereich Wohnen gekoppelt. Jetzt wandert das Wohnen zum Innenministerium. Zusätzlich zu diesen beiden Themen will Horst Seehofer auch noch den Bereich Heimat abdecken. Veränderungen der Ministerressorts gab es ja auch zu Ihrer Zeit als Minister schon. Woran liegt es  eigentlich, dass sich die Ministerien bzw. deren Zuständigkeit so stark verändern?

Das hängt im Wesentlichen mit den Machtverhältnissen zwischen Koalitionspartnern zusammen. Wir waren 1998 in der Situation, dass wir damals drei Ministerien in der rot-grünen Koalition beanspruchen konnten. Die FDP war hier ein wenig ein Vorbild, weil sie in ähnlicher Stärke zuvor mit der CDU koaliert hat. Wir waren der festen Überzeugung, dass das Auswärtige Amt für den Vizekanzler nötig ist und dass Grüne das Umweltministerium u.a. wegen des Automausstiegs beanspruchen mussten.

Zum damaligen Zeitpunkt wollten Sie eigentlich auch das Justizressort haben?

Ja, aber damit konnten wir uns nicht durchsetzen. Somit musste Andrea Fischer dann erst Gesundheitsministerin werden und nach einem Jahr und verschiedenen Problemen wechselten wir dann mit Renate Künast in das Landwirtschafts- und Verbraucherschutzministerium. Das war übrigens einer der Gründe dafür, dass es seinerzeit Veränderungen der Ressortzuschnitte gegeben hat. Nach 2002 hatten wir, anders als die Sozialdemokraten, ja stimmlich hinzugewonnen und es gab verschiedene Überlegungen, wie sich dieser Zugewinn ausdrücken sollte. Wir haben dann darauf verzichtet, ein viertes Ministerium zu fordern, aber haben stattdessen eine umgehende und umfassende Stärkung des Umweltministeriums durchgesetzt. Und zwar indem wir die gesamte Kompetenz für die Erneuerbaren Energien dort angesiedelt haben. Damit verblieb im Wirtschaftsministerium praktisch nur noch die Kohle, denn das Thema Atomenergie hatten wir ja vorher bereits ins Umweltministerium geholt. Die inhaltliche Veränderung des Umweltressorts war damals sozusagen das Ergebnis eines Wählerentscheides.

Später ist die von Ihnen genannte Veränderung dann ja zurückentwickelt worden.

Bei der letzten Großen Koalition hat Sigmar Gabriel sich dagegen entschieden, das Finanzministerium zu übernehmen. Das hätte er damals haben können. Er hat sich dann lieber das Wirtschafts- und Energieministerium geschneidert und hat dafür das Bundesumweltministerium um genau um die Inhalte, die Rot-Grün seinerzeit in das Ministerium geholt hat, wieder erleichtert. Das wurde dann etwas stiefmütterlich dadurch entschädigt, dass man die Zuständigkeit für das Bauen dem Umweltministerium zugeschlagen hat.

Jetzt geht das Bauen ja an den neuen Innenminister Horst Seehofer. Wie finden Sie das?

Dazu gab es im Vorfeld ja den Hinweis von Thomas de Maizière, dass das Ministerium mit Sport, Kommunen, Polizei und Verfassungsschutz bereits jetzt sehr breit aufgestellt ist und im Grunde genommen immer unregierbarer wird. Und das Umweltministerium hat jedenfalls unter der letzten Großen Koalition schon gelitten und leidet unter dieser nochmal, indem man selbst die schmale Kompensation, die man ihm für die Wegnahme der Energiekompetenz gewährt hatte – das Bauministerium – ebenfalls wieder wegnimmt.

De Maizière hat ja auch ein Stück weit darauf hingewiesen, dass es gut sei, wenn ein Jurist das Innenministerium führte statt eines Diplom-Verwaltungswirts, wie Horst Seehofer einer ist.

Das hieße Juristen zu überschätzen und das halte ich für völligen Unsinn. Ich halte dagegen das Argument von Herrn de Maiziere für richtig, dass das Innenministerium in seinem jetzigen Zustand die Tendenz zur Unübersichtlichkeit hat. Dahinter hängen ja auch noch große Behördenapparate, die auch alle politisch gesteuert werden wollen. Wie wenig das zum Beispiel beim Bundesamt für Verfassungsschutz gelingt, konnte man bei den NSU-Morden und der Aufarbeitung der Mordserie sehen. Man bekam zudem einen Eindruck davon, was dort im Falle Anis Amri alles schief gegangen ist. Insofern ist die Warnung von Herrn de Maizière, dieses Ministerium so zu halten, dass es managebar ist, berechtigt. Aber es nicht die Frage, ob jemand Jurist oder nicht. Das hört sich aus dem Mund eines Grünen vielleicht ein wenig komisch an, aber Horst Seehofer hat mehrere Jahre lang ein Land wie Bayern regiert. Das galt, zwar nicht in meinem Sinne, aber dennoch als gut verwaltetes Land. Wieso sollte Seehofer die Spitze eines solchen Ministeriums schlechter vertreten als jemand, der das Zweite Juristische Staatsexamen und die Befähigung zum Richteramt hat?

Sprechen wir über die anderen Ministerien: Mitglieder der CDU sind, gelinde gesagt, sehr enttäuscht, dass das Finanzressort nun an die SPD geht. Die Christdemokraten sehen den Finanzminister offenbar als deutlich mächtiger an. Angela Merkel dagegen redet das Wirtschaftsministerium schön und zitiert ohne Quelle die Sehnsucht „Vieler“, das Wirtschafts- und Energieministerium nun endlich wieder besetzen zu können, weil es eben auch sehr wichtig sei.

Der wahre Kern ist, dass für die großen Fragen der Globalisierung, insbesondere der staatlichen Globalsteuerung oder Farbensetzung seit Oskar Lafontaine das Finanzministerium zuständig ist. Damals sind entscheidende Kompetenzen ins Finanzministerium gegangen und sie sind nie wieder zurückgekommen. Diese Stärkung des Finanzministeriums zu Lasten des Wirtschaftsministeriums ist eine objektive Tatsache, die hat aber nichts damit zu tun, wer das regiert. Der ideologische Teil der Union ist, dass sie nach wie vor festgelegt sind auf eine Politik der Austerität. Von der hat jetzt die Koalition sich jetzt entschieden zu verabschieden – zumindest in den Überschriften – weil das mit einem gemeinsamen Europa nicht geht. Da hätte die CDU gerne weiter den Daumen drauf gehabt, aber jetzt istdas Finanzministerium in den Händen von Herrn Scholz. Ich würde noch einmal abwarten, ob der eine grundsätzlich andere Politik als Herr Schäuble macht. Da bin ich persönlich noch nicht von überzeugt. Aber er ist natürlich kein CDU-Mann, insofern verstehe ich den Schmerz der CDU.

Kann Peter Altmaier von dem Ministeriumszuschnitt profitieren, den Sigmar Gabriel durchgesetzt hat?

Altmaier profitiert von einem Ministerium das einerseits im Bereich der Wirtschaftspolitik für (im besten Sinne) Klimapflege zuständig ist, daneben vielfach auch für Subventionen etc. . Und im entscheidenden Bereich der Wirtschafts- und Standortpolitik, nämlich in der Frage der Energiepolitik, hat das Ministerium aus Sicht von Altmaier eine gute Bündelung von Kompetenzen. Herr Altmaier wollte schon in den Jamaika-Gesprächen immer darauf bestehen, dass die Energiekompetenz nicht wieder aus dem Wirtschaftsministerium herausgenommen wird. Die Energiepolitik ist ein zentrales Asset für eine moderne Industriepolitik. Insofern ist das, was Oskar Lafontaine dem Wirtschaftsministerium 1998 an Schwächung beigefügt hat, später im Jahre 2013 durch die Große Koalition, durch Sigmar Gabriel, ein Stück weit teilkompensiert worden. Und davon profitiert jetzt Herr Altmaier.

Lange bevor die Regierungsbildung Mitte März jetzt stattfand hat sich der Bundestag Mitte Januar dazu entschieden, seine Ausschüsse zu bilden. War das eventuell ein wenig zu früh, nachdem der genaue Kompetenzenzuschnitt der Ministerien im Januar ja noch nicht klar war?

Bis dahin war es ja so, dass die bisherige Bundesregierung geschäftsführend im Amt war und irgendwie muss man die ja einer parlamentarischen Kontrolle unterwerfen. Und der Bundestag ist natürlich flexibel genug die Themen und Kompetenzen der Ausschüsse so zu schließen, dass sie wieder bündig mit denen der Regierung sind. Das sieht man ja jetzt.

Im Zweifel müsste der eine oder andere Abgeordnete, der etwa ein Experte im Bereich Bauen ist nun noch vom Umweltausschuss in den Innenausschuss wechseln?

Ich glaube, die Fraktionen sind da flexibel genug, auch so eine Situation handzuhaben.

Wie ist das eigentlich bei Ihnen als Mitglied des Auswärtigen Ausschusses und dem neuen Minister: Wären Sie auch mit einem anderen Außenminister als Heiko Maas klargekommen?

Wir sind ja Vieles gewohnt und als Auswärtiger Ausschuss sehr selbstbewusst. Wenn Sie die Ausschussmitglieder danach fragen würden, dann würden die meisten sagen: „Naja, ist doch egal, wer unter uns Außenminister ist“ (lacht). Aber die Wahrheit ist natürlich, dass es parlamentsfreundliche und weniger freundliche Minister gibt. Jetzt kommt etwas ganz Überraschendes: Jemand, der in seiner Praxis, auch was die Informationsgebung angeht, außerordentlich kooperativ war, war der Außenminister Guido Westerwelle. Während der jetzige Bundespräsident eher zur Prärogative der Exekutive neigte.

„Von Investitionen in den USA würde ich derzeit nicht abraten“

Beim „Tag des deutschen Familienunternehmens“ sprach der frühere Wirtschafts- und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg über die Perspektiven der deutsch-amerikanischen Wirtschaftsbeziehungen. Im Interview mit Frank M. Wagner erklärt er die aktuelle Lage.

Herr Freiherr zu Guttenberg, wie steht es denn um die Situation deutscher Unternehmen in den USA unter der neuen Trump-Administration?

Das hängt ein bisschen davon ab, aus welcher Perspektive Sie herangehen: Wenn Sie ein Unternehmen sind, dass in den USA investieren will, sind die Bedingungen derzeit gar nicht so schlecht. Und das ist auch etwas, dass Ihren Status in den USA durchaus heben kann. Von daher würde ich an diese Frage sogar sehr offen herangehen.

Und was gilt für Unternehmen, die einen US-Standort haben, aber außerhalb des Landes produzieren?

Dann ist die Lage derzeit etwas schwieriger, weil hier noch viele Fragen offen sind. Wir müssen darauf achten, in wie weit sich die protektionistischen Drohungen dann auch durchsetzen. Das ist natürlich ein Ungewissheitsfaktor, dessen man sich als deutsches Unternehmen bewusst sein muss. Ein anderes Beispiel ist: Wenn man als Unternehmen in den USA präsent ist, dort allerdings von exzellenten Arbeitnehmern abhängig ist, die erst noch zuwandern müssen, dann zeigt sich, dass die Einwanderungspolitik von Trump eher Risiken als Vorteile bietet. Aber nochmal:  Von Investitionen in den USA würde ich derzeit nicht abraten.

Außenminister Gabriel hat ja unlängst kritisiert, dass die USA auf internationalem Parkett aktuell nach dem „Recht des Stärkeren“ handelten.

Ich halte diese Herangehensweise von einem deutschen Außenminister für bedingte Klugheit. Ich glaube, dass man keinen Schritt dadurch weiterkommt, indem  man sich ständig gegenseitig mit dem Knüppel beharkt. Man kann mit Argumenten arbeiten. Wenn man bei einem Präsidenten damit nicht durchkommt, gibt es doch eine ganz erkleckliche Zahl in der Administration, die dem „Recht des Stärkeren“ als solches nicht unterworfen ist. Und wenn man Ergebnisse erzielen will, sollte man das nicht mit dem Schaum vor dem Munde machen.

Sie leben und arbeiten in den USA. Können Sie dort auch ein Stück weit politischen Einfluss nehmen?

Jeder, der eine Stimme hat, sollte sie erheben. Und wenn man sie  – hoffentlich vernunftgeleitet – in den USA erhebt, gibt es genügend Menschen, die bereit sind, einem auch zuzuhören. Und deswegen muss kein Mensch, ob er nun in der Politik, Wirtschaft oder gesellschaftlichen Funktionen tätig ist, seine eigene politische Wirkkraft unterschätzen. Manchmal ist es nur ein bisschen, was vielleicht schon Wirkung erzielen kann.

Kurz zu Deutschland: Steigen Sie in den Bundestagswahlkampf ein?

Es ist nicht ausgeschlossen, dass ich mich am Ende etwas im Wahlkampf engagiere. Ich werde dann allerdings vor dem Wahltag wieder in einen Flieger steigen und zurück zu meiner Familien und meinem Unternehmen in die USA fliegen.

Interview: Frank M. Wagner

Delta Airlines ist zurück: Der Markt mit den Flugverbindungen in die USA wächst

New York City und Berlin rücken enger zusammen. Mit Delta Airlines kehrt eine Fluggesellschaft nach Tegel zurück, die neben Air Berlin und United Airlines eine weitere Direktverbindung in den Big Apple anbietet.

Von Frank Wagner

Es ist Freitag, 10:46 Uhr, die Sonne scheint, das Thermometer zeigt angenehme 22 Grad. Am Flughafen Tegel setzt erstmals seit 2011 wieder eine Maschine der amerikanischen Fluggesellschaft Delta Air Lines auf. Die Boeing 767-300, die gut acht Stunden zuvor am New Yorker Flughafen John F. Kennedy gestartet ist, landet 14 Minuten zu früh in Tegel. Mit ihrem Erstflug will Delta in den Wettbewerb um Urlauber und Businesskunden mit Berlin-Bezug auf beiden Seiten des Atlantiks einsteigen. Der Markt der Flugverbindungen in die USA und auch von dort nach Berlin ist für die Airlines attraktiv: Laut einer Statistik von „VisitBerlin“, Berlins offizieller Marketing-Organisation, waren die Vereinigten Staaten im vergangenen Jahr mit über 1,1 Millionen Besuchern der drittgrößte Kernmarkt für Berlin. Die Besucherzahl für 2016 ist damit um 4,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. „Berlin wird bei den Amerikanern ein immer beliebteres Reiseziel“, erklärt Kent Logsdon, Gesandter der Botschaft der Vereinigen Staaten in Berlin, und fährt fort: „Berlin ist auch ein wachsender Technologie-Knotenpunkt. Die neue Flugverbindung wird daher hoffentlich auch die sich entwickelnde New York-Berlin-Verbindung zwischen Unternehmern und Wagniskapitalgebern weiter verbessern“.

Mit Blick auf die deutschen Touristen betont Logsdon bei den Feierlichkeiten zum Erstflug, dass die USA und insbesondere New York schon lange ein beliebtes Ziel für Menschen aus Berlin seien. Die aus- und einreisenden Touristen seien ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für beide Länder und brächten wichtige Abstrahleffekte hinsichtlich Profiten und Jobs: „Wir gehen davon aus, dass jeweils 40 Touristen aus Deutschland etwa einem Job in den USA entsprechen“, so der Gesandte. Im Jahre 2015 konnten die USA einen Rekord von 2,3 Millionen Besuchern aus Deutschland verzeichnen, eine Steigerungsrate von zehn Prozent – und das sechste Wachstumsjahr in Folge.

Wettbewerber United und Air Berlin

Um die Attraktivität der Berlin-USA-Verbindungen weiß man auch bei United Airlines, deren Maschine jeden Morgen um 9:40 Uhr nach New York, genauer gesagt zum Flughafen Newark im benachbarten New Jersey, aufbricht. Die US-Fluggesellschaft teilte sich die Gäste auf der Strecke bislang nur mit Air Berlin. Das Berliner Unternehmen flog dabei stets den Flughafen JFK an, zuletzt sogar zweimal pro Tag. Fast zeitgleich mit der Rückkehr von Delta Air Lines reduzierten die Berliner ihr Engagement jedoch auf eine Verbindung pro Tag.

Trotz der beiden Wettbewerber in Tegel rechnet Delta sich gute Marktchancen aus, wie Nat Pieper, der als Senior Vice President Alliances (zu deutsch: „Ressortleiter Allianzen“) für die Airline tätig ist, erklärt: „Zunächst einmal haben wir einen hervorragenden Hub, also ein starkes Drehkreuz am Flughafen JFK, das noch viel stärker als vor fünf Jahren ist“. Darüber bringt die Airline Reisende nahtloser als je zuvor zu ihren Anschlussflügen. Berliner Fluggäste können so zügig in New York umsteigen, um dann mehr als 60 bequeme Umsteigeverbindungen nach Nordamerika, Lateinamerika und in die Karibik zu nutzen. Zu den Top-Anschlussverbindungen für Reisende aus Berlin zählen Chicago, Miami, Los Angeles, San Francisco und Toronto. Um ein besonders bequemes und angenehmes Flughafenerlebnis zu ermöglichen, hat Delta 1,4 Milliarden US-Dollar in den Flughafen JFK investiert. Das Ergebnis ist unter anderem ein hochmodernes Terminal 4, das seit Januar 2015 mit insgesamt 27 Flugsteigen, zahlreichen Schaltern und Check-In-Automaten für den schnellen Umstieg sowie beliebten Geschäften und Restaurants aufwartet.

Eine schnelle Umsteigemöglichkeit ist eminent wichtig, um auch mit Blick auf die Wettbewerber attraktiv zu sein. Air Berlin fliegt zwar nicht die genannten 60 Ziele des Konkurrenten Delta an. Dafür bietet die deutsche Airline allerdings fünfmal pro Woche Direktflüge von Tegel nach Miami. Zudem sind die Destinationen San Francisco und L.A. seit Mai dreimal bzw. viermal pro Woche als Nonstop-Verbindung im Programm. Und Chicago, der zweitgrößte US-amerikanische Flughafen, wird fünfmal in der Woche direkt von Air Berlin angeflogen.

Zuverlässigkeitsrekord bei Delta

Das gut funktionierende Delta-Drehkreuz am Flughafen JFK und auch die soliden Partnerschaften mit Air France und KLM sind nicht die einzigen Unterscheidungsmerkmale zu manchen Wettbewerbern, die Reisende bei der Auswahl ihres Carriers in Betracht ziehen dürften. Einen wichtigen Bestandteil des Services bei Delta stellt daher auch die Verlässlichkeit der Flugverbindungen dar.

Verspätungen und Ausfälle sind bekanntermaßen immer ein großes Ärgernis für Urlauber und Städtereisende. In ganz besonderer Weise gilt dies jedoch für Businessgäste: Wer einen engen Zeitplan hat und ein wichtiges Meeting wegen eines gecancelten Fluges verpasst, läuft Gefahr, viel Geld oder gar ganze Projekte zu verlieren. Daher legen Geschäftsreisende regelmäßig gesteigerten Wert auf eine hohe Zuverlässigkeit. Und hier kann Delta Air Lines mit einem Rekordwert punkten: „An mehr als 200 Tagen gab es gemessen an den letzten 365 Tagen keine einzige Flugstornierung innerhalb der gesamten Airline“, erklärt SVP Pieper. Der Wert datiert vom Jahresende 2016 und stellt eine Leistung dar, die keine andere Airline erreicht hat. Verlässlichkeit ist den Unternehmenslenkern wichtig. Pieper: „Wir haben eine Menge Geld in die Pünktlichkeit unserer Flugzeuge investiert“.  Delta fliegt mit 800 Flugzeugen 323 Destinationen in 59 Ländern an.
In Großbritannien hat die Fluggesellschaft unlängst den Preis für die beste Airline für Business-Reisende gewonnen, in den USA bekommt sie seit vielen Jahren regelmäßig den „Business Traveller Award“

Für die Gäste der Business Class, die bei der amerikanischen Fluggesellschaft mit dem Begriff „Delta One“ bezeichnet wird, präsentiert Nat Pieper auf der Pressekonferenz in Tegel eine spezielle „launch fare“, ein Einführungsangebot. Konkret bedeutet dies, dass der New-York-Flug in der Business Class seiner Airline bereits für unter 1.300 Euro zu haben ist. Üblicherweise sind für diese Klasse bei nahezu allen Wettbewerbern mindestens rund 2.000 Euro fällig, teilweise sogar mehr als das Doppelte dieser Summe.

Insgesamt ist der Anteil Geschäftsreisender zwar sehr wichtig für die Fluggesellschaft, doch gerade im Sommer spielen auch die Urlaubsgäste und Familien eine entscheidende Rolle. Um die neue Route profitabel zu betreiben, braucht die Fluggesellschaft beide Gruppen. Sowohl die Businessgäste, die pro Kopf mehr Geld einbringen, als auch die Economy Reisenden, die deutlich weniger für ihr Ticket zahlen müssen.

Berlins Wirtschaft profitiert

Beim Delta-Erstflug in Tegel ebenfalls vor Ort ist Burkhard Kieker, Geschäftsführer von VisitBerlin. Er lobt die wirtschaftliche Relevanz der neuen Verbindung: „Jeder Interkontinentalflug hat eine große wirtschaftliche Bedeutung, er zieht hunderte Arbeitsplätze nach sich und hilft natürlich, die Berliner Wirtschaft international noch besser zu verbinden“, so Kieker. „Früher mussten wir die Airlines überzeugen, nach Berlin zu fliegen, inzwischen kommen sie von selber und so muss es auch sein.“ Kieker rechnet mit einem langfristigen Engagement von Delta, das über den Flugplan der Sommersaison hinausgehen dürfte. Der Markt habe sich inzwischen verändert: „Neben dem touristischen Markt haben wir eben auch verstärkt Geschäftsreiseverkehr aus dem Start-up Bereich, aus dem produzierenden Gewerbe und auch seitens der politischen Amtsträger. Das wird helfen und ich bin sicher, dass Delta schon bald das ganze Jahr über durchfliegen wird“.

Die Boeing 767 der Delta Air Lines hat an diesem Freitagmorgen mittlerweile ihre Wassertaufe durch die beiden links und rechts der Maschine postierten Fahrzeuge der Flughafenfeuerwehr überstanden und ihre Parkposition am Gate A 01 erreicht. In knapp zwei Stunden geht es zurück nach New York.

36. Evangelischer Kirchentag in Berlin: Christliche Werte, Bibelarbeit und Barack Obama

Vom 24. bis 28. Mai wird Berlin zum zentralen Ort der Christinnen und Christen in Deutschland. Dann findet hier der 36. Evangelische Kirchentag statt, zu dem mehrere hunderttausend Gäste erwartet werden.

Von Frank M. Wagner

Es ist eine Großveranstaltung, die ihresgleichen sucht und sogar die Dimensionen des Papstbesuches 2011 in Berlin übertreffen dürfte:  Fünf Tage lang werden über 100.000 Dauerteilnehmer und weitere 15.000 Tagesgäste den  36. Evangelischen Kirchentag besuchen. Dem Motto des Treffens dürften die Besucher daher alle Ehre machen, es lautet „Du siehst mich“. Mit der alttestamentlichen Losung begegnet die evangelische Kirche der Sehnsucht vieler Menschen danach, gesehen und angenommen zu werden. Insgesamt sind rund 2.100 Veranstaltungen sind geplant, darunter Bibelarbeit, Konzerte, Diskussionsrunden oder auch das gemeinsame Singen neuer Kirchentagslieder. Die meisten Programmpunkte können die Teilnehmer in Berlin wahrnehmen. So findet beispielsweise der Eröffnungsgottesdienst am Abend vor dem Himmelfahrtstag, also dem 24. Mai, auf dem Platz der Republik am Reichstag statt. Hier wird unter anderem Bundestagspräsident Norbert Lammert vor Ort dabei sein. Parallel gibt es zwei weitere Gottesdienste in der Stadt: einen international und ökumenisch geprägten vor dem Brandenburger Tor und einen weiteren für Groß und Klein am Gendarmenmarkt. Allein für diese drei Veranstaltungen rechnen die Initiatoren mit 140.000 Besuchern. Im Anschluss an die Gottesdienste folgt rings um deren Orte das Straßenfest „Abend der Begegnung“, zu dem bis zu 300.000 Menschen erwartet werden. „Es liegt eine erwartungsfrohe Spannung über der Stadt, die beim Abend der Begegnung in den Straßen und Gassen vibriert“, sagt Sirkka Jendis, Pressesprecherin des Kirchentages und fährt fort: „Während der nächsten drei Tage wird sich die Kirchentagsgemeinde fröhlich, mitunter singend, in vollen Bussen und Bahnen drängen, sich routiniert den Weg von Messehalle 7.1 nach 10.3 bahnen und immer wieder stundenlang auf Papphockern sitzen.“

Die größte Feier des Christentreffens findet jedoch weder in den Berliner Messehallen noch im Regierungsviertel statt. Nein, passend zum 500-jährigen Reformationsjubiläum wird es am 28. Mai einen Festgottesdienst auf den Elbwiesen in Wittenberg geben. Ganz in der Nähe hatte Martin Luther im Oktober 1517 seine 95 Thesen gegen den Ablasshandel an die Schlosskirche genagelt. Zur Abschlussveranstaltung am Sonntagmittag wird auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in die Lutherstadt kommen. Über Berlin und Wittenberg hinaus finden von Donnerstag bis Samstag sechs weitere Kirchentage in acht Städten statt, die unter dem Motto „Kirchentag auf dem Weg“ stehen. Sie sind vor allem für Teilnehmer und Interessierte gedacht, die von weit her zum Festgottesdienst nach Wittenberg anreisen und zwischendurch Station machen wollen. Jede der Städte wie etwa Leipzig, Magdeburg, Erfurt oder Dessau-Rosslau feiert mit einem eigenen Programm 500 Jahre Reformation.

Viele Prominente

Der 36. Evangelische Kirchentag weist eine sehr hohe Prominentendichte auf. Dabei finden sich auf der Gästeliste durchaus nicht nur die Namen Lammert, Steinmeier und natürlich Merkel. Auch andere Spitzenpolitiker und Prominente sind vor Ort. So erscheinen etwa zur Bibelarbeit, die von Donnerstag bis Samstag  als konkurrenzloses Event jeweils von 9.30 bis 10.30 Uhr auf dem Programm steht, auch Katrin Göring-Eckhardt, Thomas de Maizière, Wolfgang Schäuble, Hannelore Kraft und Winfried Kretschmann. Sie werden ihre Interpretation ausgewählter Bibelstellen genauso vorstellen wie der Kabarettist Eckhart von Hirschhausen, Wise Guy Edzard „Eddi“ Hüneke, der Schriftsteller Bernhard Schlink oder die Bürgerrechtlerin und Autorin Freya Klier.

Barack Obama spricht

Die absolute Nummer eins der prominenten Gäste wird allerdings der ehemalige US-Präsident Barack H. Obama sein. Ein echter Weltstar, sieht man einmal vom eigentlichen Star der Veranstaltung, Jesus Christus ab. Auch wenn natürlich der Glaube und dessen Ausstrahlung auf das tägliche Handeln der Menschen im Mittelpunkt des Kirchentages stehen soll, dürfte der 55-jährige Ex-Präsident wohl viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen und zum Publikumsmagneten avancieren. Am Vormittag des Himmelfahrtstages, also dem 25. Mai, wird Obama am Brandenburger Tor auftreten. Dort will er mit Bundeskanzlerin Merkel über das Thema „Engagiert Demokratie gestalten“ diskutieren.

Obama ist Protestant, hat in der Kirche „Trinity United Church of Christ“ (UCC) in Chicago geheiratet und seine beiden Töchter dort taufen lassen. Als Präsidentschaftskandidat trat er 2008 aus dieser Kirche aus und distanzierte sich damit von seinem Pastor Jeremiah Wright. Dessen wiederholte Hasstiraden hatte er zuvor als „aufhetzerisch und erschreckend“ verurteilt. Seinen Glauben gab Obama damit allerdings nicht auf. Im Gegenteil, er gründete einen Kreis bestehend aus fünf evangelischen Pastoren, mit denen er am Telefon betete, die Rolle der Religion in der Politik diskutierte oder sich Rat holte. Für ihn blieb der christliche Glaube daher stets eine wesentliche Basis, Leben und Politik zu gestalten sowie möglichst friedlich miteinander umzugehen.

Für die Macher des Kirchentags ist es ein echter Supercoup, den ehemaligen amerikanischen Präsidenten für das Christentreffen gewonnen zu haben. Der EKD-Ratsvorsitzende Bischof Heinrich Bedford-Strohm hatte Obama im Mai 2016 zu einem Besuch nach Deutschland anlässlich des Reformationsjubiläums eingeladen. „Letztlich war die Einladung ein Zusammenspiel von EKD, Kirchentag, Kanzleramt und Auswärtigem Amt“, erklärt Pressesprecherin Sirkka Jendis. „Die Teilnahme von Präsident Barack Obama  am Kirchentag in Berlin auf einem gemeinsamen Podium mit der Bundeskanzlerin zum Auftakt des Reformationssommers unterstreicht wie international wir 500 Jahre Reformation feiern“, so Jendis. Sie betont, dass die christlichen Kirchen ein globales zivilgesellschaftliches Netzwerk von über zwei Milliarden Christinnen und Christen bildeten, das gestärkt durch die  feste Hoffnung auf eine bessere Welt sei. „Wer fromm ist, muss auch politisch sein“, bringt die Sprecherin den Zusammenhang von Kirchentag und Politik auf den Punkt.

Christliche Werten und Politik

In der Diskussionsrunde am Brandenburger Tor dürfte Obama auf die christlichen Werte als tragende und tragfähige Basis für Politik und Demokratie eingehen. Hier zeigt sich auch der Zusammenhang zwischen dem Kirchentag und der Politik beziehungsweise der Demokratie: Wer für Christliche Werte steht und versucht, diese entsprechend zu leben, transportiert damit auch sein Verständnis von Demokratie. Kirchentagspräsidentin Christina Aus der Au: „Ich bin gespannt, was er uns rät, wie wir Christinnen und Christen uns einbringen können, wie wir die Zivilgesellschaft angesichts der Umbrüche in der Welt stärken können. Wie er Mut machen kann und zwar konkret: Dass es wesentlich ist, sich für Demokratie einzusetzen und dafür, dass allen die gleiche Würde und die gleichen Rechte zukommen.“

Nicht nur für aktive Christen

Der fünftägige Kirchentag bedeutet Mitmachen. Die Teilnehmer suchen gemeinsam mit kompetenten und prominenten Referenten Antworten auf die Fragen der Zeit und der Gesellschaft: „‘Wie wird Frieden?‘ oder ‚Wie entwickelt sich weltweit die Flüchtlingslage‘?, gehört zu diesen Fragen, oder auch: ‚Wie begegnen wir politischen Stimmungen in unserem Land‘? „Aber genauso wird Flirten ein Thema sein, das Zusammenleben der Geschlechter diskutiert und überlegt, was es heißt, in der Großstadt zu leben“, sagt Sprecherin Jendis. Darüber hinaus wird es Konzerte mit Max Giesinger, Yvonne Catterfeld sowie die Uraufführung einer Sinfonie mit geflüchteten Musikern geben, daneben viele Ausstellungen und den großen „Markt der Möglichkeiten“, wo sich verschiedene Initiativen vorstellen und sich mit Gleichgesinnten vernetzen.

Die Tageskarte für den 36. Evangelischen Kirchentag kostet 33,- Euro (ermäßigt: 18,- Euro), die Abendkarte ab 16 Uhr nur 16,- Euro. Eine Dauerkarte für alle Tage liegt bei 98,- Euro (ermäßigt 54,- Euro), Die Familienkarte gilt für Eltern mit Kindern bis 25 Jahre (oder Großeltern und deren Enkel) und kostet 158,- Euro. Tickets gibt es unter www.kirchentag.de

„Ein Mensch, hinter dem man sich versammeln kann“

Als Ministerpräsidentin des Landes Rheinland-Pfalz gehört Malu Dreyer dem Parteivorstand der SPD an. Mit Frank M. Wagner sprach die 56-Jährige über die Aussichten ihrer Partei bei der Bundestagswahl im September und den Kanzlerkandidaten Martin Schulz.

Frau Ministerpräsidentin, bei seiner Wahl zum SPD-Parteivorsitzenden hat Martin Schulz einhundert Prozent der Delegierten für sich gewinnen können. Aber wie sieht es bei den Wählern der Republik aus, wie groß ist denn aktuell die Wechselstimmung im Land?

Die Demoskopen sagen ja schon, dass es tatsächlich eine Wechselstimmung gibt. Und das ist auch gut so, denn diese Wechselstimmung ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass man eine Wahl gewinnen kann, bei der wir letztendlich die Kanzlerin beziehungsweise die CDU herausfordern. Und mit dem Rückenwind von einhundert Prozent der Delegiertenstimmen, mit der total motivierten SPD und einem super Kanzlerkandidaten haben wir gute Chancen, dass wir das am Ende auch schaffen werden.

Nun hat Martin Schulz unter anderem der SPD im Saarland einen großen Popularitätszuwachs beschert: Schon die Umfragewerte kletterten binnen 3 Monaten von November bis März um plus 7 Prozent auf Seiten der SPD. In Nordrhein-Westfalen traten allein im Januar dieses Jahres 1.000 Menschen in die SPD ein, in Schleswig-Holstein liegt die SPD neuerdings in zehn von elf Wahlkreisen vorne. Die Bundestagswahl findet allerdings erst Ende September statt. Hält der Schulz-Effekt bis dahin an?

Ich bin sicher, dass dieser Trend weiter anhalten wird. Es ist ein bisschen so, als hätten Viele darauf gehofft, dass die SPD an ihrer Spitze einen Menschen hat, hinter dem man sich auch wieder versammeln kann. Die SPD ist eine Volkspartei, eine Partei mit ganz viel Tradition, es ist nur richtig, dass wir jetzt auf Augenhöhe mit der anderen großen Volkspartei in den Wahlkampf ziehen. Und ich bin fest davon überzeugt, dass dies morgen nicht vorbei ist, ganz im Gegenteil.

Sie  haben die andere große Volkspartei erwähnt. Beispielsweise bei der Europapolitik und auch in der Flüchtlingsfrage haben die CDU beziehungsweise Angela Merkel ja mit Martin Schulz durchaus an einem Strang gezogen. Bei welchen Themen muss Schulz jetzt seine großen Schwerpunkte setzen, um sich von Merkel zu unterscheiden und die Wähler für sich zu gewinnen?

Martin Schulz hat ja schon ein paar Themen angesprochen, das Programm wird allerdings erst in den nächsten Wochen und Monaten ausgearbeitet. Aber ein wichtiger Punkt ist aus meiner Sicht tatsächlich das Thema „Gerechtigkeit“. Es geht vor allem um Menschen, die eigentlich im Moment noch ganz gute Jobs haben, aber doch mit Abstiegsängsten zu tun haben. Und es geht darum, dass wir in diesem Zusammenhang dann auch nochmal das Arbeitslosengeld 1 verändern, das Schonvermögen verändern, einfach um den Menschen Sicherheit zu geben…

…nun kosten diese Vorhaben alle durchaus auch Geld, nicht zuletzt auch die Ausweitung des Arbeitslosengeldes 1 unter anderem auch für ältere Arbeitnehmer. Gilt hier der Grundsatz, dass die Bundesrepublik aktuell genug Geld hat, oder wie soll dies finanziert werden?

Das ALG 1 ist eigentlich keine Frage der Einnahmen, sondern das sind Versicherungsgelder. Zur Zeit sind 11 Milliarden vorhanden, und es ist auch nicht die große Menge von Menschen. Ich glaube, man muss Folgendes verstehen: Wenn man ein modernes Land ist, das von den Menschen Leistung abfordert – was wir ja tun – dann müssen wir den Menschen umgekehrt auch Sicherheit bieten, wenn sie lange im Job sind und dann plötzlich arbeitslos werden.

Welchen Themen werden für die Bundestagswahl sonst noch von besonderer Bedeutung sein?

Wichtig ist auch, dass wir die Bundesagentur wirklich verändern – hin zu mehr Qualifizierung der Menschen, die arbeitslos sind. Wir brauchen Fachkräfte für die Zukunft. Denn sie bedeuten Zukunft für Deutschland. Martin Schulz hat bei seiner Wahl zum Parteivorsitzenden aber auch deutlich gemacht, dass die SPD die Familienpartei ist. Wir wollen, dass auch junge Eltern wirklich gute Möglichkeiten haben, Beruf und Familie tatsächlich gut miteinander zu vereinbaren. Auch die gebührenfreie Bildung gehört zu den wichtigen Themen dazu. Weitere werden folgen.

Welche Bedeutung werden steuerliche Entlastungen im Bundestagswahlkampf der SPD haben?

Was uns natürlich insbesondere von der CDU unterscheidet, ist, dass wir nicht mit großen Steuergeschenken in den Wahlkampf ziehen wollen. Wir reden in ein paar Wochen auch noch über das Thema Steuern. Aber wir wollen vor allem investieren: In unser Land, in die Zukunft unseres Landes.  Das haben unsere Kinder auch wirklich verdient.

Die Bundesrepublik steht finanziell aktuell durchaus gut da. Da ist es also aus Ihrer Sicht der richtige beziehungsweise notwendige Schritt, jetzt mehr Investitionen vorzunehmen?

Natürlich, wir können es nicht auf Dauer ertragen, dass wir auch im Bereich der Investitionen eigentlich viel zu knapp sind. Es ist egal, ob es die Schulen sind, ob es Breitband ist, ob es gebührenfreie Kitas sind, ob es um das Leben der Menschen insgesamt geht. Wir müssen sicherstellen, dass wir auch wirklich überall ein Toplevel haben. Und dazu gibt es jetzt die Möglichkeit und deshalb sollen wir nicht allzu viele Steuergeschenke machen, sondern eher in die Zukunft investieren.

Lassen Sie uns zum Abschluss bitte ein wenig in die Zukunft blicken und die Chancen der SPD mit ihrem Kanzlerkandidaten Martin Schulz ausloten: Was schätzen Sie, wie geht die Bundestagswahl im September für Ihre Partei aus?

Prognosen kann man im Moment nicht machen. Aber ich bin ganz sicher, die SPD hat wirklich alle Aussichten um ganz, ganz stark aus der Bundestagswahl hervorzugehen. Unser Ziel ist es, dass Martin Schulz ins Kanzleramt kommt und das werden wir mit aller Kraft verfolgen.

„Wir hatten das Gefühl, mit unseren Themen richtig zu liegen“

Die CDU hat bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus nur magere 17,6 Prozent geholt. Woran hat’s gelegen? Spitzenkandidat Frank Henkel lässt den Wahlkampf im Interview mit Frank M. Wagner Revue passieren.

CDU-Landesvorsitzender und Spitzenkandidat: Innensenator Frank Henkel, (c) Foto: Frank M. Wagner
CDU-Landesvorsitzender und Spitzenkandidat: Innensenator Frank Henkel, (c) Foto: Frank M. Wagner

Herr Senator, Sie haben während des Wahlkampfes den früheren New Yorker Bürgermeister Rudolph Giuliani getroffen, der in 1990er Jahren die US-Metropole vom Kopf auf die Füße gestellt und für Sicherheit, Ordnung und Sauberkeit gesorgt hatte, die dort noch bis heute Bestand hat.

Ja, die Möglichkeit, mit dem legendären Rudolph Giuliani zusammenzukommen und die Möglichkeit gehabt zu haben, 20 Minuten lang mit ihm mal über Metropolen zu reden, darüber, was Metropolen ausmacht, wie sie funktionieren müssen etc, das war schon etwas Besonderes.

Und wie fiel Giulianis Meinung über Sie als Innensenator aus?

Giuliani hat sich sehr lobend über die Sicherheit und all das, was meine Arbeit betraf, geäußert. Aus seiner Sicht lautete das Fazit: „Alles richtig gemacht“.

Ich kenne New York aus der Zeit vor und auch nach Giuliani, das ist tatsächlich ein Unterschied wie Tag und Nacht. Gerade auch, was saubere Straßen und die Sicherheit der Bürger angeht. Ist Giulianis Null-Toleranz-Konzept, das z.B. auch das Wegwerfen von Müll und Zigarettenresten betrifft, für Sie eine Option?

Ich kenne die Stadt auch aus der Zeit vor, während und nach Giuliani. Das, was als „Broken Windows“-Theorie von Giuliani umgesetzt wurde, hat New York auch insgesamt nach vorne gebracht.

Das bedeutet, dass man ein kaputtes Fenster sofort reparieren muss, da sonst noch mehr Scheiben zerstört werden und ein Stadtviertel dann langsam aber sicher verkommt. Wie hat Giuliani denn Berlin als Stadt beurteilt?

Ich fand es interessant, wie er von außen auf unsere Stadt geblickt hat: Er sagte, er beurteilt die Entwicklung einer Stadt zunächst einmal immer nach der Anzahl der Baukräne. Als er eingeflogen ist, hat er unsere Kräne gesehen und gesagt: „Es muss Berlin gut gehen“. Und dann betonte er die Dinge, die seiner Erfahrung nach für eine Stadt wichtig sind: „Die Stadt muss bezahlbar sein“, (das ist Berlin), die Stadt muss sich entwickeln, muss bauen“ (das tut Berlin) und: „die Stadt muss safe sein“ (das ist Berlin). Das fand ich spannend. Aus Giulianis Sicht war Berlin auch sauber. Da sage ich als Berliner aber: Naja, wir haben noch ein bisschen Potential nach oben.

Frank Henkel im Gespräch mit Wählerinnen, (c) Foto: Frank M. Wagner
Frank Henkel im Gespräch mit Wählerinnen, (c) Foto: Frank M. Wagner

Sie haben im Wahlkampf auf die innere Sicherheit gesetzt und insbesondere auf das Thema Bildung. Waren diese klassischen CDU-Themen auch die richtigen, mit denen man die Berliner erreichen kann?

Ja, diese Themen sind auch immer wieder Gegenstand meiner Gespräche auf der Straße gewesen. Menschen kamen zu mir, weil sie die Sorge hatten, dass für ihre Kinder in Berlin keine vernünftige Bildung angeboten wird. Also die Frage ist, schaffen wir es, die Vielfalt im Bildungssystem zu erhalten, schaffen wir es, das Gymnasium zu erhalten und auszubauen. Wir wachsen als Stadt, 40.000 Menschen sind in den letzten Jahren zu uns gekommen und zwar jedes Jahr. Darunter sind auch viele Familien, und die natürlich eine gute Bildung für ihre Kinder haben wollen. Das war immer wieder Gegenstand meiner Gespräche, konkret also etwa die Frage des Unterrichtsausfalls, des Lehrermangels oder des baulichen Zustandes von Schulen und Kindertagesstätten. Insofern lautet meine Antwort: Ja, das Thema Bildung ist etwas, das Leute in einer Großstadt wie Berlin unmittelbar betrifft.

Waren die Bürger beim Thema Sicherheit ähnlich stark interessiert?

Natürlich. Das Thema Sicherheit insgesamt hat ja viele Facetten. Es geht nicht nur um die Frage „mehr Polizei“, „mehr Feuerwehr“, „mehr Verfassungsschutz“. Das sind ganz wichtige Fragen, insbesondere vor dem Hintergrund der Herausforderungen wie der Alltagskriminalität, des islamistischen Terrorismus usw. Aber Sicherheit ist ja eine Medaille, die zwei Seiten hat und die wir auch beide immer verstanden haben: Dazu zählt auch die soziale Sicherheit, dass man hier sicher leben will und feiern will und auch sicher lernen will. Das Sicherheitsmotiv haben wir ja auch in unserer Kampagne abgebildet, weil ich der festen Überzeugung bin, dass Sicherheit ein Grundbedürfnis der Menschen ist. Und die Politik würde einen großen Fehler begehen, wenn sie dieses Grundbedürfnis der Menschen nicht ernstnehmen würde.

Sie hatte gerade vom „sicheren Feiern“ gesprochen, das ist ja insbesondere auch ein Thema für Friedrichshain-Kreuzberg.

Absolut.

Gerade in dem Bezirk sagt man allerdings nicht: Super, ich wähle Frank Henkel, dann kann ich endlich sicher feiern.

Ja, na sicher, für die Leute im Görlitzer Park bin ich natürlich der, der ihnen die Stimmung verhagelt. Das ist doch völlig klar. Auch die Leute am Kotti werden jetzt nicht sagen: „Mensch, toll“, sondern da ist jemand, der ihnen ebenfalls die Stimmung vermiest. Beim RAW-Gelände ist es so, dass wir viele erlebnishungrige junge Menschen überall aus der Republik, aber auch aus Europa und der Welt haben. Und die sind schon daran interessiert, dass sie sicher wieder nach Hause kommen oder von A nach B. Dementsprechend haben wir in der Vergangenheit als Polizei sehr viel Kraft aufgewandt, damit dies auch gewährleistet wird.

...bis zum 18. September die Roten fest im Griff: CDU-Spitzenkandidat Frank Henkel, (c) Foto: Frank M. Wagner
…bis zum 18. September die „Roten“ fest im Griff: CDU-Spitzenkandidat Frank Henkel, (c) Foto: Frank M. Wagner

In wie weit hat denn auch die Bundespolitik Ihren Wahlkampf mitbestimmt?

Ja, natürlich waren die Flüchtlinge ein wichtiges Thema im Wahlkampf und zwar in vielerlei Hinsicht. Es gab Menschen, die gesagt haben: „Wir schaffen das überhaupt nicht“, es gab Leute, die sagten: „Wie kann man nur“ und es gab Leute, die gar nicht verstanden haben, warum jetzt so viele Flüchtlinge bei uns sind. Und mit denen muss man eben reden und das habe ich getan. Im letzten Jahr sind ca. 80.000 Menschen als Flüchtlinge in unserer Stadt angekommen. Das ist eine Situation, die wir uns nicht ausgesucht haben, mit der wir aber umgehen müssen. Das bedeutet, dass wir sehen müssen, dass wir die Leute aus den Massenunterkünften rausholen, dass wir ihnen Sprachangebote machen, dass wir ihnen auch unsere Werte vermitteln, also klar machen, was eigentlich die Basis ist, bzw. der Kitt, der unsere Gesellschaft zusammenhält: Die Gleichberechtigung von Mann und Frau etwa oder die Werte des Grundgesetzes, die mitvermittelt werden müssen. Am Ende wird es auch darum gehen, dass man die Menschen über Praktika in Ausbildung und Arbeit bringt. Da gibt es gute Ansätze in Zusammenarbeit mit der Berliner Wirtschaft. Man muss den Menschen aber auch sagen: Ja, es ist ein Gebot christlicher Nächstenliebe, dass man Menschen hilft, die vor Terror und Krieg flüchten. Es ist aber gleichermaßen so, dass man nicht allen Menschen auf der Welt eine neue Heimat in Berlin geben kann. Das wollen wir auch nicht und deswegen ist die andere Seite der Medaille die, dass man sich sehr darum bemüht, diejenigen Menschen, die hier keine Bleibeperspektive haben, auch wieder in ihre Heimatländer zurückzuführen.

Wie verärgert sind sie denn über das Wahlergebnis von 17,6 Prozent?

Ich bin nicht verärgert, aber natürlich bin ich enttäuscht. Das ist ja auch keine Frage, wenn man mehrere Wochen und Monate ganz hart und leidenschaftlich den Wahlkampf und viele Gespräche führt, wenn man auch das Gefühl hat, dass man mit den Themen bei den Berlinerinnen und Berlinern richtig liegt. Dann ist man vom Ergebnis der Wahl natürlich enttäuscht. Deshalb habe ich heute auch gesagt, dass es kein guter Tag für die Volksparteien hier in Berlin ist.

Ist das schlechte Ergebnis auch ein Stück weit auf die Bundespolitik von Angela Merkel zurückzuführen?

Wir gewinnen zusammen und wir verlieren zusammen. Das ist die Aussage, aber richtig ist auch, dass das eine oder andere an Rückenwind anders hätte ausfallen können. Ich glaube, dass es nichts hilft, wenn sich die Schwesterparteien auf offener Bühne streiten und das hat uns mit Sicherheit auch nicht gut getan.

Wie hat sich denn dieser Wahlkampf aus Ihrer Sicht von anderen unterschieden?

Er war zunächst einmal kürzer und was das politische Klima insgesamt betrifft, war er auch rauer: Wenn ich mir etwa das Maß zerstörter Wahlplakate anschaue oder sehe, dass man Kandidaten von uns das komplette Fahrzeug angezündet hat oder es auch körperliche Übergriffe gab. Das war, wie ich finde, schon ein bisschen anders als in den Jahren zuvor.

Gibt es etwas Besonderes, dass Ihnen von diesem Wahlkampf noch lange positiv in Erinnerung bleiben wird?

Ja, natürlich (lächelt), ich hatte ganz nette Gespräche mit Kindern. Ich habe eins heute noch sehr in Erinnerung. Da stellte sich ein ganz junges Mädchen hin und sagte: „Kann ich Dich mal was fragen?“ und ich meinte „Ja, natürlich!“, da fragte sie: „Bist Du für Umwelt oder dagegen? Bist Du für Autos oder gegen Autos? Bist du für‘s Fahrrad und gibt es bald mehr Spielplätze?“ Das war ein ganz niedliches Gespräch, ein Highlight, an das ich mich bestimmt auch später noch erinnern werde.

Erinnerung an TXL: „Den Fernseher lauter drehen!“

Die Reinickendorfer lieben Tegel – auch am Kurt-Schumacher-Platz: Ein Nachmittag an der wohl lautesten Einflugschneise des Flughafens fördert interessante Meinungen zu Tage. Sie nähren Zweifel an der Entscheidung, TXL zu schließen.

von Frank Wagner

„Entschuldigung, darf ich Sie mal fragen, wie Sie zur Schließung des Flughafens Tegel stehen?“ – „Waaas?“ ruft die etwa 50-jährige Dame, die mir auf dem Kurt-Schumacher-Platz entgegenkommt. Sie kann meine Frage nicht sofort verstehen, denn über uns donnert gerade die Drei-Uhr-Maschine der Air Berlin nach Düsseldorf hinweg. Der Airbus A 320 gehört zu den mittelgroßen und damit auch mittellauten Flugzeugen hier in der Einflugschneise am „Kutschi“ in Reinickendorf. Und eigentlich hätte er bereits vor 21 Minuten über das unter ihm liegende Einkaufszentrum „Der Clou“ hinwegfliegen sollen. Jetzt kommt die Dame endlich zu Wort: „Also mich stört es nicht“, gibt sie zu Protokoll. „Und wenn einer just in dem Moment des Überflugs eine Frage stellt, muss er sie halt zweimal stellen“, schmunzelt sie verschmitzt.

Weiter geht’s zum nächsten Passanten, einem wohlgekleideten Mann Mitte 40, mit kleinem Reisekoffer. Er wirkt ein wenig gehetzt: „Ich bin selbst gebürtiger Reinickendorfer und wohne jetzt Richtung Schönholz raus. Was mich an Tegel stört, ist die schlechte Anbindung, immer diese Umsteigerei von der Bahn in den Bus. Klappt so gut wie nie.“ An den Fluglärm habe er sich jedoch gewöhnt. „Das ist bei uns ja quasi auch die Verlängerung der Landebahn. Machst‘e den Fernseher dann halt mal lauter.“ Dann verabschiedet er sich schnell, denn er muss tatsächlich direkt zum Flughafen. Um 16:45 Uhr geht’s für ihn mit einem A 319 der Germanwings zu einem abendlichen Vortrag nach Köln. Ein Regenschauer setzt ein und macht eine weitere Befragung erstmal unmöglich.

Flugzeug über dem Reinickendorfer Kurt-Schumacher-Platz, eine der Einflugschneisen des TXL, (c) Foto: Frank M. Wagner
Flugzeug über dem Reinickendorfer Kurt-Schumacher-Platz, eine der Einflugschneisen des TXL, (c) Foto: Frank M. Wagner

„TraVis“ verrät, wie laut es ist

Zeit genug, um zu recherchieren, wie laut es hier eigentlich wirklich ist. Die Flughafengesellschaft FBB hat dazu ein eigenes Informationstool im Internet bereitgestellt: „TraVis“ (http://travistxl.topsonic.aero/). Die Webseite liefert die aktuellen Flugbewegungen und Fluglärmmessdaten mit nur wenigen Minuten Verzögerung. Dazu kann der Nutzer seinen Wohnort mit einem frei auf der Berlin-Karte positionierbaren Haus-Symbol genau auswählen und nachvollziehen, in welcher Höhe eine Maschine das eigene Haus überflogen hat,  wie groß die Entfernung des Hauses von der Grundfluglinie war und vor allem wieviel Dezibel Lärm das Flugzeug generiert hat. Darüber hinaus gibt es sogar noch eine Archivfunktion, die es ermöglicht, auch in der Vergangenheit liegende Lärmereignisse zu analysieren. Eine prima Spielerei mit ernsthaftem Hintergrund. Die zum Kurt-Schumacher-Platz offenbar nächstgelegene der insgesamt acht Dezibel-Messstationen steht in der Meteorstraße und zeigt etwa für den 12. Oktober um 13:20 Uhr einen maximalen Schalldruckpegel von satten 92,1 dB(A) an. Zu dieser Uhrzeit überflog der große Airbus A 330 von Air Berlin den „Kutschi“, um sich zu einer Interkontinentalreise über den Atlantik aufzumachen. Zum Vergleich: Ein Gespräch liegt bei 60db(A), Flüstern bei 30 db(A). Dieser Airbus ist also schon ganz schön laut. Aber dafür ist Berlin eben auch eine Weltstadt und nicht Leer in Ostfriesland. Und machen wir uns nichts vor: In Jamaica, dem Ortsteil des New Yorker Stadtteils Queens, in dem der A 330 morgen Abend seine Rückreise antritt, wird er auch nicht leiser starten als hier am Berliner Kurt-Schumacher-Platz. Andere Maschinen erreichen hier etwa 85,2 dB(A) oder sogar „nur“ 75,7 dB(A). Klingt nicht wirklich nach deutlich weniger Lärm. Ist es aber. Denn die Maßeinheit db(A) gibt einen logarithmischen Wert an, das heißt: Steigt der Schalldruckpegel um 10dB(A), bedeutet dies eine Verdoppelung der wahrgenommenen Lautstärke.

In Tegel gibt es keine Jumbojets

„Die größeren Maschinen sind aber die große Ausnahme in Tegel“, meint eine 70-jährige Dame, mit der ich spreche, als die Sonne wieder hinter den Wolken hervortritt. Sie hat recht: Insgesamt fliegen meist nur sechs größere Airbus A330-Maschinen  (oder das so genannte „Konkurrenzmuster“: eine  Boeing 767) pro Tag von Tegel nach New York, Chicago, Doha, Istanbul und Abu Dhabi, manchmal auch nach Peking. Der Rest sind kleinere Maschinen, im Wesentlichen Airbus 319 bis 321 und ein paar Privatjets. Die richtig großen, vierstrahligen Jumbojets, wie die legendäre Boeing 747, heben überhaupt nicht in Tegel ab. „Es sei denn, der amerikanische Präsident kommt alle fünf, sechs Jahre mal hier vorbei“, begeistert sich die Dame, die 2012 live bei der Landung von Obamas „Air Force One“ in Tegel vor Ort war.

Umkehr der Betriebsrichtung = weniger Lärm

„Aber heute ist es hier doch sowieso nicht so laut wie an anderen Tagen“, mischt sich ein Mittvierziger in das Gespräch ein. Wie das kommt, möchte ich wissen: „Na, weil die Startrichtung jetzt umgekehrt ist. Die Maschinen sind leiser, wenn sie über dem Kutschi starten, als wenn sie im tiefen Landeanflug hier runterkommen.“ Klingt logisch, denn ein Flugzeug gewinnt beim Start zügig an Höhe und ist daher schnell weit vom Ohr der Passanten entfernt. Bei der Landung hingegen verliert es dagegen stetig an Höhe und fliegt wesentlich tiefer über die Köpfe der Reinickendorfer hinweg.

Nach einigen weiteren Passanten naht der letzte Kandidat für meine Befragung. Ein Bauarbeiter mit Arbeitskleidung und ein paar Werkzeugen an seinem Gürtel: „Ick bin nur hier, weil ich da hinten uff‘m Bau arbeiten muss. Bin froh, wenn det bald vorbei ist. Fallen Dir ja de Ohren ab! Zum Glück habe ich die hier“, sagt er und zeigt grinsend auf seine großen Ohrschützer im Mickey-Maus-Format.

Die große Mehrheit ist pro Tegel

Von insgesamt 30 Befragten sprachen sich nur 7 für die Schließung von Tegel aus. 23 dagegen wollen den Kult-Flughafen gerne für immer offen halten, das entspricht 76,7 Prozent. Das Ergebnis deckt sich ziemlich genau mit den Zahlen der Initiative „Berlin braucht Tegel“ (74 Prozent der Reinickendorfer pro), bleibt jedoch etwas hinter der Umfrage der Zeitung „B.Z.“ zurück, die sogar 89,3 Prozent der Berliner Bürger pro Tegel gesehen hatte. Der Flughafen Tegel erfreut sich offenbar weiter ungebrochener Beliebtheit. Wer freiwillig hier lebt oder arbeitet, hat sich mit dem Lärm meist arrangiert oder ist schlichtweg ein Flugzeug-Liebhaber.

Dauerbrenner Vorratsdatenspeicherung

Die SPD hatte die Vorratsdatenspeicherung (VDS) im Sommer 2015 abgenickt. Auf den ersten Blick ist das ein Sieg für Bundesjustizminister Heiko Maas, der die Pläne beim kleinen SPD-Parteitag verteidigt hat. Doch sein Image ist angekratzt. Schließlich war er kurz zuvor noch dagegen. Im Interview mit Parlamentskorrespondent Frank M. Wagner nahm Justizminister Maas jetzt Stellung.

Herr Minister, Ihr kleiner Parteitag, der SPD-Konvent, hat sich für die Vorratsdatenspeicherung entschieden. Auch weil Sie sehr dafür geworben haben, obwohl Sie früher strikt dagegen waren. Deshalb mögen Sie politisch gewonnen haben, Ihr Glaubwürdigkeitsproblem bleibt aber.

Wir haben auf dem Konvent viele Argumente für und gegen die Speicherung von Daten gehört. Und es ist gut, dass wir dieses wichtige Thema so ausführlich und sachlich debattiert haben. Das ist auch ein Qualitätsmerkmal der SPD, dass hier Themen ausführlich diskutiert werden, bevor sie beschlossen werden.

Es war doch so: Es gibt einige, die grundsätzlich nicht wollen, dass Daten gespeichert werden. Und es gibt andere, die genauso überzeugt davon sind, dass die Aufklärung von schwersten Straftaten nicht daran scheitern darf, dass Ermittler bestimmte Daten für einen kurzen Zeitraum zur Verfügung haben. Zwischen den Extrempositionen haben wir einen ausgewogenen Kompromiss gefunden: Wir bringen Freiheit und Sicherheit in Einklang.
Die eng begrenzte Speicherung von Verkehrsdaten ist kein Allheilmittel, sie ist aber auch nicht der Untergang des digitalen Abendlandes. Unser Gesetz ist in Europa konkurrenzlos restriktiv. Es werden weniger Daten für einen kürzeren Zeitraum bei höheren Zugriffshürden gespeichert als zuvor.

Wir orientieren uns strengstens an den engen Vorgaben des Verfassungsgerichtes und des Europäischen Gerichtshofes. Ich bin mir sicher, dass unser Gesetzesvorschlag jeder gerichtlichen Überprüfung standhält.

Und: Ich finde es richtig, wenn wir jetzt vereinbaren, dass die Wirkung des Gesetzes nach einer bestimmten Frist überprüft werden muss. Die Prüfung sollte unter Einbeziehung wissenschaftlicher Sachverständiger erfolgen, die im Einvernehmen mit dem Deutschen Bundestag bestellt werden sollten.

Dennoch gelingt es Ihnen nicht wirklich, Ihre Kehrtwende zu erklären. Sie hatten ja gesagt: „Der Europäische Gerichtshof verbietet die anlasslose Vorratsdatenspeicherung, weil sie gegen Grundrechte verstößt. Und deswegen wird es sie auch nicht geben.“ Jetzt wird es sie allerdings doch geben. Warum?

Wir hatten uns innerhalb der Bundesregierung darauf verständigt: Wenn die Europäische Kommission eine neue Richtlinie macht, dann wird es in Deutschland erst dann ein Gesetz geben, wenn diese Richtlinie vorliegt. Wenn es diese Richtlinie nicht gibt, dann fällt das Thema Vorratsdatenspeicherung zurück in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Dann muss darüber eine politische Entscheidung getroffen werden. Und genau vor dieser Situation standen wir jetzt. Was Herr de Maizière und ich letztlich versucht haben, ist, mit dem Konzept, das wir jetzt vorgelegt haben, dafür zu sorgen, dass die Rechtsprechung, die es dazu gibt und die relativ deutlich ist, auch eingehalten wird.

Sagen Sie. Andere bezweifeln das. Der „Spiegel“ hält Ihre Argumentation auf dem Konvent für entlarvend. Das „Hamburger Abendblatt“ hält Ihre Argumente zwar für richtig, schreibt aber auch, die SPD-Führung müsse wieder mehr über­zeugen, statt zu überrumpeln.

Ich bleibe dabei: Die Vorratsdatenspeicherung, die sich die Sicherheitsbehörden bei Polizei und Staatsanwaltschaften gewünscht haben, wird es so nicht geben. Die Sicherheitsbehörden gehen von ganz anderen Speicherfristen aus, sie wollen sechs Monate, alles andere sei zu kurz, sie wollen auch alle Daten und keine Einschränkungen. Und auch unter Beibehaltung meines kritischen Blicks auf die Vorratsdatenspeicherung wird das, was wir da vorgelegt haben, von einigen Befürwortern ja nicht einmal mehr als Vorratsdatenspeicherung bezeichnet, weil es ihnen nicht weit genug geht. Wir haben ganz enge Grenzen angelegt und Höchstspeicherfristen. Wir haben gesagt: Okay, entweder wir definieren Anlässe, damit es keine anlasslose Speicherung gibt. Ein Anlass wäre zum Beispiel dann gegeben, wenn der Innenminister eine erhöhte Terrorwarnstufe ausruft. Dann würde gespeichert. Oder: Es gibt ein grundsätzlich anschlaggefährdetes Großereignis in Deutschland, beispielsweise Olympische Spiele oder den G7-Gipfel, ab dann würde gespeichert. Das ist aber technisch extrem schwierig, weil die Provider dann die Technik vorhalten müssen und dann sozusagen bei Anruf den Schalter umlegen. Dann hätte geklärt werden müssen, ob in ganz Deutschland gespeichert wird, wenn in Hamburg die Olympischen Spiele stattfinden. Straftaten, die wir eigentlich mitbekämpfen wollen, wie die Kinderpornographie oder sexueller Missbrauch, die kann man mit Anlässen gar nicht mehr erfassen. Denn bedauerlicherweise passiert das 365 Tage im Jahr. Also hätten wir die ganz rausnehmen müssen aus dem Anwendungsbereich. Deshalb haben wir gesagt: Wir kommen mit dem Anlass nicht weiter.

Welche Konsequenz folgt daraus?

Wir speichern zwar anlasslos, dafür dann aber eben nicht alle Daten. Demzufolge kann auch nicht, wie der Europäische Gerichtshof (EuGH) befürchtet, ein Persönlichkeitsprofil von jedem erstellt werden, weil zuvor eben nicht alle Daten abgespeichert wurden. Daher haben wir den kompletten Pool der E-Mail-Daten rausgenommen, also auch der IP-Adressen der E-Mails. Das ist quantitativ ein großer Anteil an den Verkehrsdaten. Und deswegen ist die Speicherung eben auf Verkehrsdaten aus der Telefonie sowie auf die IP-Adressen im Webverkehr und auf die Standortdaten, die letztlich ein sensibler, aber unverzichtbarer Eingriff sind, begrenzt. Letztere hätte es auch ohne Vorratsdatenspeicherung gegeben und gibt es ja auch jetzt schon. Wenn ein Verbrechen passiert, guckt man sich an, wer zur fraglichen Zeit in der Nähe des Tatorts mit dem Handy eingeloggt war.

Sensible Standortdaten werden Sie künftig vier Wochen lang speichern lassen, die restlichen Daten zehn Wochen. Darüber hat sich die CDU sehr gefreut. War das Geschenk an die Union wirklich nötig?

Dabei handelt es sich um Höchstspeicherfristen, das sind keine Mindestspeicherfristen. Danach müssen die Daten alle gelöscht werden. Das war im alten Gesetz nicht geregelt. Jetzt ist es dagegen so: Wer sich nicht an die Löschungsverpflichtung hält, wird mit Ordnungsgeldern ab 500.000 Euro belegt werden. Es gibt zudem einen harten Richtervorbehalt, ohne eine Kompetenz der Staatsanwaltschaft. Es kann also immer nur ein Richter, nie ein Staatsanwalt die Entscheidung treffen, die Daten zu nutzen. Alle Berufsgeheimnisträger wie etwa Ärzte, Anwälte und Journalisten sind ausgenommen. Es gibt darüber hinaus nur einen bestimmten Straftatkatalog, bei dem die gespeicherten Daten genutzt werden dürfen. Die Daten, die ja nicht vom Staat gespeichert werden, sondern von den Unternehmen, müssen auf einem separaten Server gespeichert werden. Dieser muss in Deutschland stehen. Die Daten dürfen nicht mit den sonstigen Verkehrsdaten des Unternehmens gespeichert werden. Also: Mehr an Vorkehrungen kann man nicht mehr einziehen. Nachdem wir jetzt eine Regelung haben, die mit Abstand die kürzesten Speicherfristen und mit Abstand die schärfsten Zugriffsregeln in ganz Europa hat, glaube ich, dass wir bei aller Sensibilität des Themas alle Vorgaben der Rechtsprechung vollständig eingehalten haben. Insofern kann ich diejenigen, die glauben, dass die Regelungen nicht grundrechtskonform sind, nur auffordern, das Bundesverfassungsgericht anzurufen. Die Richter werden dann darüber entscheiden. Aber ich glaube, gerade das Urteil des Verfassungsgerichts haben wir jetzt 1:1 umgesetzt.

Ihr Parteifreund Lars Klingbeil fürchtet, dass diese Regelung erneut vor Gerichten keinen Bestand haben wird. Er sollte sich auskennen, ist netzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Was macht Sie eigentlich so sicher, dass die neue Regelung der Vorratsdatenspeicherung vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand haben wird?

Wir haben alle Punkte, die im Urteil stehen, berücksichtigt. Das Gericht hat gesagt: Das damalige Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung (VDS) ist grundsätzlich möglich, wenn folgende Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Man kann die VDS nur für besonders schwere Straftaten nutzen, diese müssen in einem Katalog zusammengestellt werden. Das haben wir gemacht. Dann dürfen weder Staat noch Unternehmen jeweils alleine darauf zugreifen, es muss eine Art Vier-Augen-Prinzip geben. Dann folgen die Sicherheitsstandards, wie etwa, dass es zur Speicherung einen eigenen Server geben muss, der in Deutschland stehen muss. Auch das haben wir in den Gesetzestext geschrieben. Dem Schutz von Berufsgeheimnisträgern ist Rechnung zu tragen. Für diese Berufsgruppen haben wir ein Verwertungsverbot in das Gesetz übernommen. Es braucht einen Richtervorbehalt, den harten Richtervorbehalt haben wir ebenfalls gesetzlich normiert. Wir haben die Voraussetzungen also wirklich 1:1 abgeschrieben. Und das sind unsere Leitlinien, die Gegenstand des Gesetzes werden. Deshalb frage ich mal zurück: An welcher Stelle stehen wir denn im Widerspruch gegen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts?

Ausgerechnet die E-Mail-Daten wollen Sie nicht speichern. Brauchen Sie die nicht?

Wir haben von vornherein gesagt, wir werden nicht alle Datenarten speichern können. Und wir haben vier Datenarten kategorisiert: Telefonie, wie Festnetz, Mobilfunk und Internettelefonie, IP-Adressen im Webverkehr, ohne die aufgerufenen Seiten, die Standortdaten und den E-Mail-Verkehr. Natürlich kann ich nicht ausschließen, dass Verbrecher auch über E-Mail kommunizieren. Aber die E-Mail ist das Massenkommunikationsmittel heutzutage, das jeder nutzt.

Tricksen Sie bei den E-Mails nicht? Es gibt ja noch die Telekommunikationsüberwachungsverordnung, mit der Ermittler ohnehin Zugriff auf den Mailverkehr haben.

Na ja, wir definieren hier jetzt ja erst mal die Daten, die gespeichert werden müssen. Übrigens: Fast jeder Provider und Telekommunikationsanbieter speichert ja auch weiter die Verkehrsdaten seiner Kunden – und das teilweise sogar länger. Nur da hat jeder Kunde zugestimmt, als er seinen Vertrag abgeschlossen hat. In dem Vertrag steht drin, wie lange gespeichert wird. Wenn man das nicht will, muss man sich einen anderen Provider suchen, der kürzer oder gar nicht speichert, das gibt es auch – aber selten. Provider speichern die Daten ihrer Kunden teilweise sechs bis acht Monate – davon sind wir bei unseren Höchstspeicherfristen weit weg. Ich sage: Was man freiwillig seinem Provider gibt, ist nicht so geschützt, wie das, was auf Verpflichtung des Staates hin gespeichert wird.

Sie können noch so gut argumentieren – dass es die Vorratsdatenspeicherung jetzt gibt, wirkt wie ein Einknicken vor der CDU. Schließlich war das Thema ja eigentlich schon komplett vom Tisch.

So ganz erledigt hatte es sich nicht, es ist öffentlich nicht mehr so viel drüber geschrieben worden. Denn letztlich stand immer noch die Entscheidung der EU-Kommission aus, ob sie eine eigene Richtlinie macht oder nicht. Die hat sich da ein wenig Zeit genommen, um das zu prüfen und hat dann festgestellt, dass die Mehrheit der Mitgliedstaaten eigentlich der Auffassung ist, das die Europäische Kommission diese Frage nicht noch mal lösen muss, da jedes Land schon ein solches Gesetz hat und dieses im Rahmen seiner eigenen verfassungsmäßigen Ordnung ausgestaltet. Als dies im Februar klar wurde, war das Thema dann doch wieder präsent.

Aber man hätte die Vorratsdatenspeicherung ja auch einfach gar nicht regeln können.

Man hätte sie auch gar nicht regeln können, ja. Theoretisch zumindest.

Also gab es doch Druck der Union? Denn die wollte die Speicherung ja gerne regeln und die SPD eher nicht.

Na ja, es gibt ja auch welche in der SPD, die das wollen, zum Beispiel viele Innenminister. In der Union ist die Anzahl derer, die eine Speicherung regeln wollten, aber größer, das stimmt. Letztlich ist es ein politischer Kompromiss. Man kann auch sagen: Die Protagonisten sind de Maizière und Maas. De Maizière will mindestens 6 Monate, Maas will null. Da muss man sich irgendwo einigen. Und das haben wir versucht.

Kompromiss ist ein schönes Stich­wort. Man könnte sagen: Für die Maut der Union bekommt die SPD den Mindestlohn und für das Betreuungsgeld erhält die SPD die Rente mit 63. Was haben Sie denn jetzt für die Vorratsdatenspeicherung gekriegt?

(lächelt) Unverschämterweise: nichts.

Das ist aber ein sehr hoher Preis.

Aber es funktioniert auch nicht so, wie Sie das beschrieben haben. Es kann schon sein, dass es nach außen so aussieht, dass Dinge miteinander verknüpft werden. Ich will nicht ausschließen, dass es so etwas nicht auch mal gibt. Aber das ist echt nicht die Regel. So funktioniert das nicht. So kann man auch auf Dauer nicht Politik machen. Es geht im Wesentlichen um sachliche Fragen: Geht das, machen wir das mit? Das hat man ja auch bei den Höchstspeicherfristen jetzt gesehen: Wir haben da um die Details gerungen, um Kleinigkeiten. Da verbindet man keine Äpfel mit Birnen. Wenn ich mir angucke, was die SPD alles gemacht hat in diesem ersten Jahr von Rente über Mindestlohn, Frauenquote, Mietpreisbremse, da wüsste ich gar nicht, wofür die Union da immer etwas bekommen hätte. Was sind denn die ganzen Projekte, die die Union dafür bekommen hat? So viele bekomme ich ja gar nicht zusammen.

Würden Sie aber schon noch zugeben, dass Sie bei der Frage der Vorratsdatenspeicherung ein Stück weit umfallen oder Ihre Position aufgeben mussten?

Im Grunde besteht unsere Arbeit ständig darin, die eigene Position mit den Positionen der anderen in der Koalition abzugleichen und daraus halt eine gemeinsame Position zu machen. Das ist hier besonders schwer und mir bei diesem Thema auch besonders schwergefallen. Aber das ist eigentlich überall so. Auch bei der Mietpreisbremse. Was haben wir da rumverhandelt, bis es dann endlich mal soweit war. Oder bei der Frauenquote. Und bei der Vorratsdatenspeicherung ist es eben auch so. Im Übrigen haben hier in der Tat auch die Anschläge auf „Charlie Hebdo“ vom Januar eine Rolle gespielt. Wenn es in Deutschland mal einen Anschlag geben sollte – was hoffentlich nie passiert, aber auch leider nicht ausgeschlossen werden kann – wird die öffentliche Debatte auch darum gehen: Haben wir alle Ermittlungsinstrumente, um die Täter zu finden, um weitere Anschläge vielleicht zu verhindern? Diese Frage habe ich mir sehr persönlich gestellt – und jeder sollte diese Frage für sich auch selbst mal beantworten.

Ein ganz anderes Thema ist der Rechtsradikalismus, den Sie sehr klar und eindeutig ablehnen. Welche Möglichkeiten sehen Sie, um ihn effektiv zu bekämpfen: Können Sie vielleicht einen neuen Straftatbestand einführen?

Also mit Straftatbeständen allein wird man den Rechtsradikalismus nicht in den Griff kriegen. Grundsätzlich soll das Strafrecht immer das letzte Mittel sein. Es gibt jetzt schon Möglichkeiten wie Volksverhetzung und andere Tatbestände, die einfach nur angewandt werden müssen – und auch werden. Wir werden aber auch mit den bestehenden Gesetzen den Rechtsradikalismus nicht aus den Köpfen einer Minderheit in Deutschland rausbekommen können. Insofern gibt es nicht die eine Maßnahme oder Aktion, mit der man des Problems Herr wird. Ich glaube im Übrigen, dass jeder da eine Verantwortung hat, nicht nur ein Minister oder die Politik, sondern dass das Thema eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Die Mittel, die für die Anti-Rassismus-Programme und die Anti-Rechtsextremismus-Programme bei Manuela Schwesig liegen, sind deutlich erhöht worden. Diese Mittel, die präventiv wirken, etwa durch Initiativen und Projekte, die junge Menschen aufklären sollen, sind verfünffacht worden. Denn es sind einfach auch zu viele Menschen mit einfachen Lösungen verführbar – und deshalb müssen wir da ansetzen und präventiv aufklären. Wir dürfen den Rechtsextremen niemals die Straße überlassen, sondern uns friedlich dagegen positionieren.

Und was müssen Ordnungs­be­hörden und Justiz tun?

Wir müssen dort, wo Rechtsradikalismus zu Straftaten führt, diese mit den Mitteln des Strafrechtes, die wir haben, konsequent ahnden. Daneben bleibt die Bekämpfung des Rechtsradikalismus für jeden, egal ob er Minister ist oder Arbeitnehmer, auch eine höchstpersönliche Aufgabe. Als Bundesjustizministerium unterstützen wir aktiv etwa die Aktion ‚Gesicht zeigen‘, bei der Prominente wie ZDF-Moderatorin Dunja Hayali in Schulen gehen und mit den Jugendlichen über die Gefahren von Rechts diskutieren. Ich selbst habe im letzten Jahr auch drei Schulklassen besucht, unter anderem in Dillingen. Es geht darum, nicht wegzuschauen, sich zu ducken oder wegzulaufen, sondern ‚Gesicht zu zeigen‘ – wie es in dem Projekt heißt – wenn jemand mitbekommt, dass irgendwo rassistisch, extremistisch, fremdenfeindlich argumentiert wird. Und das geht uns alle an.

Sie sagten, man muss das Strafrecht konsequent umsetzen. Warum handeln Justiz und Exekutive denn nicht immer entsprechend? Im Osten beispielsweise wird das Problem des Rechtsradikalismus ja seit Jahrzehnten nicht wirklich besser.

Wie gesagt: Mit dem Strafrecht allein wird man den Rechtsextremismus nicht reduzieren können. Wir müssen auch dazulernen, wenn die Aufarbeitung und Strafverfolgung nicht zufriedenstellend verlaufen sind. Dass über mehrere Jahre hinweg das rechtsextreme NSU-Trio unentdeckt Menschen, die einen Migrationshintergrund haben, ermorden konnte, ohne dass die Taten von den Ermittlungsbehörden in einem rassistischen und rechtsextremistischen Zusammenhang gesehen wurden – dafür kann man sich nur entschuldigen. Das war auch ein Stück Staatsversagen. Das darf nie wieder so passieren.

Welche Konsequenzen hat der Staat daraus gezogen?

Es sind sogar sehr klare Konsequenzen gezogen worden: Für die Bundesregierung habe ich ein Gesetz ins Parlament eingebracht, wo es um zwei Dinge geht, die verhindern sollen, dass so etwas noch mal passiert: Zum einen soll der Generalbundesanwalt in Karlsruhe, der Terrorismus und Spionage bekämpft, die Möglichkeit bekommen, die Ermittlungsverfahren an sich zu ziehen, wenn er sieht, dass es zusammenhängende Taten über Ländergrenzen hinweg gibt. Das halte ich für ganz wichtig, damit keine Informationen irgendwo zwischen Zuständigkeitsfragen mehr verloren gehen. Wir machen das Thema auch zu einer Sache des Generalbundesanwaltes, was früher so nicht der Fall gewesen ist. Und wir ändern darüber hinaus das Strafgesetzbuch bei der Strafzumessungsregel. Das heißt, dass fremdenfeindliche, rassistische oder ansonsten menschenverachtende Motivationen von Tätern bei der Strafzumessung künftig stärker zu berücksichtigen sind. Das heißt, dass die Täter härter bestraft werden.

In Ihrem Heimat-Bundesland, dem Saarland, sind in den letzten Monaten keine Angriffe auf Flüchtlingsheime bekannt geworden. Woran liegt das?

Zum ersten bin ich echt froh, dass es bei uns im Saarland so ist. Das Saarland ist ein Land an der Grenze, wir leben sozusagen auf der Grenze. Die Saarländer haben eine Identität, die eher auch gastfreundlich ist, also offen und hilfsbereit. Das mag dabei helfen. Aber das ist keine Gewähr dafür, dass bei uns so etwas nicht passieren wird. Aber bei uns, glaube ich, dass die sehr bewegte Geschichte des Saarlandes – mal deutsch, mal französisch, mal selbstständig, dann wieder deutsch – vielleicht ein bisschen dazu beigetragen hat, dass die Saarländer sich eher in die Lage hineinversetzen können, Fremde im eigenen Land zu sein. Vielleicht gibt es deshalb bei uns einen anderen Boden oder ein anderes Bewusstsein für diese Themen. Das trägt sicherlich dazu bei, dass wir nicht die Probleme haben, die andere Länder haben.

Und warum, glauben Sie, werden im Osten deutlich mehr fremdenfeindliche Straftaten begangen als im Westen? Liegt das daran, dass die Ostdeutschen nicht wie die Saarländer stets auf der Grenze lebten?

Ich glaube, dass das viele Gründe hat. Das hat sicherlich auch was mit der Vergangenheit zu tun, auch damit, wie in der DDR mit dem Thema Ausländer umgegangen wurde. Denn die gab es in der DDR ja quasi nicht. Und nach der Wende gab es plötzlich bei vielen eine große Angst um die eigene Zukunft. Es gab plötzlich Arbeitsfreiheit, aber auch Arbeitslosigkeit. Dies hat bei manchen auch Ängste geschürt, vielleicht auch dahingehend, dass jeder, der zusätzlich in den Osten kommt, einem die Arbeit wegnehmen könnte. Aber die Fremdenfeindlichkeit, die teilweise im Osten zu beobachten ist, ist in keinster Weise akzeptabel. Wenn ich mir anschaue, dass Pegida-Demonstrationen in Dresden stattfinden – das ist die Stadt in Deutschland mit den wenigsten Ausländer überhaupt – dann kann man nur den Kopf schütteln. Aber es gibt auch viele positive Gegenbeispiele. Ich habe zum Beispiel Kontakt zum Pfarrer in Tröglitz, der mir berichtet, wie sich die Kirchengemeinde dort für Flüchtlinge engagiert. Das finde ich toll – gerade in Tröglitz, gerade wegen der dortigen Ereignisse.

Sie haben „Pegida“ genannt. Sie waren als Gegendemonstrant bei dem Berliner Ableger „Bärgida“ vor Ort dabei und sind mitgelaufen. Haben Sie sich dabei auch auf die Straße gesetzt und damit die Bärgida-Demonstration blockiert oder Ähnliches?

(lächelt) Nein. Dass manche Teilnehmer am Ende mit einer Art Blockade versucht hatten, die Demo von Bärgida zu unterbinden, habe ich vor Ort gar nicht mitbekommen, ich war auch nicht die komplette Zeit dabei. Die Vielen, die da mitgegangen sind, hatten das Bedürfnis, Farbe zu bekennen und die Straße nicht den Extremisten und den Hetzern zu überlassen. Und das war auch meine Motivation.

Das heißt, Sie hatten nicht die Motivation, etwas zu blockieren und sich hinzusetzen? Wolfgang Thierse hat das zu den Zeiten, als er Vizepräsident des Bundestages war, ja tatsächlich einmal gemacht. Warum haben Sie sich nicht gesetzt?

Ich habe so großes Vertrauen in unsere staatlichen Organisationen und in unseren Rechtsstaat, dass ich mich nicht dazu genötigt fühle, so zu handeln. Ich finde, es ist wichtig, auf die Straße zu gehen, Gesicht zu zeigen, nicht still zu sein. Man muss nicht unbedingt eine Sitzblockade machen, um sich denen in den Weg zu stellen, die teilweise auf der Straße rumlaufen und wirklich gruselige Dinge verbreiten. Wir haben gerade 70 Jahre Ende des Zweiten Weltkrieges. Wir erleben gerade einen großen Prozess gegen einen Mitarbeiter des Konzentrationslagers in Auschwitz. Wir haben einen Fritz-Bauer-Preis ausgelobt, der in den 60er-Jahren den Auschwitz-Prozess in Frankfurt auf den Weg gebracht hat. Wir beschäftigen uns schon mit den Fragen: Was ist denn ziviler Widerstand und wann muss man zivilen Widerstand leisten? Man muss nur in die deutsche Geschichte schauen. Es ist gerade ein Film über Elser gelaufen, den Hitler-Attentäter, der mit einer Bombe, die auch andere Menschen das Leben gekostet hat, Hitler umbringen wollte. Das sind jetzt extreme Formen des Widerstands in extremen geschichtlichen Situationen. In einer solchen Situation befinden wir uns aber gottlob nicht.

Gibt es denn überhaupt eine Art Widerstandsrecht, oder muss ein Bürger es hinnehmen, wenn Rechtsradikale sich vor ein Flüchtlingsheim stellen und dort Parolen brüllen? Denn die Meinungsäußerungsfreiheit des Grundgesetzes schützt ja schließlich auch gruselige Meinungen. Muss man diese also tolerieren?

Ja, das ist leider so. Das ist aber auch der Kern der Meinungsfreiheit, dass auch die Meinung der anderen geduldet werden muss, auch wenn sie noch so scheußlich ist – solange keine gesetzlichen Grenzen überschritten werden. Alles andere würde darauf hinauslaufen, dass wir irgendwo eine Stelle haben, die definiert, was ist eine Meinung, die man äußern darf und die geschützt ist, und was nicht. Das geht nicht, das will ich auch nicht. Und deshalb muss man auch solche Meinungen ertragen. Und man muss auch ertragen, dass die ihre Meinung offen sagen und auch in Demonstrationen kundtun können. Jeder hat das Recht zu demonstrieren wofür und wogegen man will.

Aber ich sage auch: Jeder hat auch moralische Pflichten – zum Beispiel die Pflicht, darüber nachzudenken, hinter welcher Fahne man da herläuft. Genau das war Kern meiner Kritik an denen, die bei Pegida in der dritten, vierten Reihe mitskandiert haben. Aber das zeigt eigentlich nur, wie wichtig es ist, dass es keine rechtextreme Demonstration ohne Gegendemonstration geben sollte. Alles andere schafft ein schiefes Bild, gerade in Deutschland. Die Krakehler bei Pegida und Co. sind nicht Deutschland. Das ist nicht die Mehrheit in unserem Land.

Mehr als eine Gegendemonstration anzumelden, kann der Bürger also nicht tun. Oder gibt es daneben auch eine Art Grau-Bereich, in dem man sich engagieren kann?

Ich kann verstehen, dass manche es unerträglich finden, wenn die Neonazis durch die Straßen laufen und Parolen brüllen, aber es gibt ganz unterschiedliche Formen, sich dem auch intelligent entgegenzusetzen. Ich erinnere mich an eine Situation im Saarland: Das war auf dem Steinrausch, da hat die NPD, glaube ich, in einem Lokal eine Veranstaltung machen wollen und diese auch groß beworben. Es ging natürlich gegen Ausländer und Sozialschmarotzer und so weiter. Diese Veranstaltung hat nie stattgefunden, weil die dortige SPD sich in der Kneipe verabredet hatte, und zwar eine Stunde vor Veranstaltungsbeginn. Und jeder, der kam, hatte sich verpflichtet, noch drei, vier Leute mitzubringen. Das hat dazu geführt, dass die Kneipe inklusive des Veranstaltungsraums eine Stunde vor Veranstaltungsbeginn der NPD so voll war, dass einfach keiner mehr reingepasst hat. Das war auch eine Form von Blockade, aber eine intelligente Form des Protests. Ich glaube, es geht schon, sich so etwas entgegenzustellen, ohne dass man den Straftatbestand der Nötigung erfüllt.

Interview: Frank M. Wagner

Vom Kritiker zum Partner: Wie die SPD die Europolitik beeinflusst

Die SPD hat in den Zeiten vor der Großen Koalition bei europapolitischen Fragen stets mit Union und FDP gestimmt, auch wenn sie deren Haltung dabei heftig kritisiert hat. Inzwischen sind die Sozialdemokraten selbst Teil der Bundesregierung geworden und wollen ihre Kritik von damals nun in aktives Regierungshandeln umwandeln. In wie weit dies als Juniorpartner einer Großen Koalition gelingen kann, erklärt der für Europa zuständige Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth, im Interview mit Frank M. Wagner.

Wagner: Herr Staatsminister, es gibt diverse Wissenschaftler, die sagen: Die Krise in Europa ist nicht vorbei und sie wird sogar wiederkommen. Sehen Sie das auch so?

Staatsminister/AA Roth, MdB: Es sollte unsere gemeinsame Aufgabe sein, gerade auch im Vorfeld der Europawahlen,  auch positive Botschaften in Europa in den Vordergrund zu stellen. Das heißt nicht, dass man die gegenwärtige Lage besser redet, als sie tatsächlich ist. Aber viel schlimmer als die wirtschaftliche Krise ist die Identitäts- und schwere Vertrauenskrise und damit auch die politische Krise, in der sich die Europäische Union befindet. Für viele Bürgerinnen und Bürger, gleich aus welchem Land sie kommen, ist Europa mehr Teil des Problems als Teil der Lösung. Insofern haben überzeugte Europäer so wie ich viel zu tun, schließlich dürfen wir Europa nicht den Populisten und Extremisten überlassen.

Wagner: Stabilität ist also das Stichwort.

Staatsminister/AA Roth, MdB: Es hat sich in den Krisenländern im Hinblick auf die haushaltspolitischen Kennziffern ja Einiges zum Positiven gewendet, aber wir sind bei weitem noch nicht über dem Berg. Ich komme gerade aus Griechenland und da muss ich deutlich sagen: Die soziale Lage bleibt weiterhin dramatisch, die Jugendarbeitslosigkeit ist in vielen Staaten viel zu hoch. Wir brauchen mehr sozialen und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Und es ist unsere Aufgabe in der neuen Regierung dazu beizutragen, dass wir nicht mehr nur über den Euro und über die Wettbewerbsfähigkeit, sondern auch über die Stärkung der sozialen Dimension in der Europäischen Union sprechen.

Wagner: Das heißt, die Europolitik ist eine Mischung aus Finanzthemen und sozialen Themen?

Staatsminister/AA Roth, MdB: Zuallererst ist  die Europäische Union eine Werteunion. Unser Europa gründet sich vor allem auf Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Freiheit, Toleranz. Wenn es uns nicht gelingt, dieses politische Werteprojekt stärker in den Vordergrund zu rücken, dann haben wir ein dauerhaftes Legitimationsproblem. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten eben zurecht mehr als einen funktionierenden Binnenmarkt.

Wagner: Die Haltung der SPD zum Thema Europolitik war vor der Bundestagswahl ja eine etwas andere als die der CDU. Stichwort: „Eurobonds“, „Vergemeinschaftung von Schulden“ und dergleichen mehr. In wie weit kann die SPD jetzt einen Turnaround machen bzw. in wie weit verändert sich die Europolitik der SPD, nachdem sie ja jetzt Mitglied der Großen Koalition ist?

Staatsminister/AA Roth, MdB: Das europapolitische Kapitel im Koalitionsvertrag ist sehr stark davon geprägt, jetzt eine klare Politik für Wachstum und Beschäftigung zu gestalten, die den sozialen Zusammenhalt stärker in den Vordergrund rückt. Eine Politik, die die Auseinandersetzung mit den Populisten und Extremisten offensiv aufnimmt und eine Politik, die wertebasiert und nicht nur technokratisch vermittelt wird. Dem fühlt sich das Auswärtige Amt in besonderer Weise verpflichtet.

Wagner: Das heißt, Eurobonds sind jetzt kein Thema mehr?

Staatsminister/AA Roth, MdB: Selbstverständlich hat sich die SPD nicht mit Allem durchsetzen können. Aber mir ist es wichtiger, über Projekte und Ziele zu reden, als über Instrumente. Insofern waren die Eurobonds oder auch der Altschuldentilgungsfond ja nur ein Instrument, um die Solidaritätsunion zu stärken.

Wagner: Das aggressive Spardiktat der Kanzlerin haben Sie in Zeiten von Schwarz-Gelb ja stark kritisiert, auch wenn Sie damals – jedenfalls im Ergebnis – mit Union und FDP gestimmt haben. Heute bleiben Sie aber auch dabei, dass Sie sagen, Sparen alleine könne zum Beispiel Griechenland nicht wieder gesunden lassen.

Staatsminister/AA Roth, MdB: Wer sich die Lage in den Krisenländern, insbesondere in Spanien oder auch in Griechenland anschaut, der weiß: Selbstverständlich müssen die Strukturreformen konsequent fortgesetzt werden. Wir brauchen eine funktionierende Steuerverwaltung und eine moderne Bürokratie. Aber die Bürgerinnen und Bürger müssen spüren, dass sie nicht alleine die Hauptleidtragenden der Krisenpolitik sind. Insofern ist es wichtig, jetzt konsequent für Beschäftigung und für Wachstum zu arbeiten. Und da können auch wir einen Beitrag leisten. Nicht zuletzt haben wir es ja auch durchgesetzt, dass die Europäische Union für den Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit sechs Milliarden Euro in 2014 und 2015 zur Verfügung stellt. Das Geld muss jetzt investiert werden, es muss jetzt bei den jungen Leuten ankommen, damit diese mit Europa auch wieder ein Zukunftsversprechen verbinden.

Wagner: Sie sagen, der Bürger soll nicht der Hauptleidtragende sein. Tatsächlich ist es in Griechenland aber so, dass „die Reichen“ oder auch keine einzige Bank jemals zur Verantwortung gezogen wurden, sondern die Sparmaßnahmen vor allem am Sozialsystem ansetzten und damit insbesondere den „kleinen Mann“ trafen. Aber es ist nicht so, dass man wirklich Verantwortliche – wie Banken – zur Verantwortung gezogen hat. Dabei gab es aber doch früher genau diesen Ansatz der SPD, die gesagt hat: Da müssen wir ran!

Staatsminister/AA Roth, MdB: Dem muss ich erstmal widersprechen. Alleine schon durch den Schuldenschnitt sind ja gerade auch die Besitzer großer Ersparnisse belastet worden, die Steuern sind erhöht worden. Aber Sie haben selbstverständlich recht: Bei den Kürzungen von Sozialleistungen, Löhnen, Gehältern und Pensionen sind in erster Linie die kleinen Leute, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Rentnerinnen und Rentner und insbesondere auch die junge Generation überproportional belastet worden. Das Kapital hat sich verflüchtigt, die Millionäre und Milliardäre haben ihr Geld ins Ausland transferiert, das spürt man auch in Deutschland. Fragen Sie doch mal, wer hier in Berlin-Mitte die Wohnungen gekauft hat und damit auch dazu beigetragen hat, dass die Immobilienpreise in Berlin massiv gestiegen sind. Da ist sicher auch der eine oder andere reiche Grieche dabei. Also die Frage der sozialen Gerechtigkeit stellt sich für die gesamte Europäische Union. Die Zumutungen und weitere Lasten müssen für den Großteil der Durchschnittsbevölkerung beendet sein. Gleichzeitig aber sollen die Strukturreformen konsequent fortgesetzt werden. Das Krisenbewältigungsprogramm besteht aus mehreren Bausteinen. Das Ende der Fahnenstange ist bei sozialen Einschnitten erreicht. Bei den Strukturreformen sehe ich jedoch noch viel Luft nach oben. Im Übrigen wird mir das auch von den griechischen Partnern bestätigt.

Wagner: Sie waren ja gerade in Thessaloniki: Wir war Ihr Eindruck der Situation?

Staatsminister/AA Roth, MdB: Ich habe dort mit Kommunalpolitikern, insbesondere dem Oberbürgermeister der Stadt, aber auch mit arbeitslosen Jugendlichen und mit Verantwortlichen von Qualifizierungs- und Beschäftigungsinitiativen gesprochen. Und da kann ich unterm Strich nur sagen: Die soziale Lage bleibt dramatisch. Wir brauchen jetzt konkrete Angebote für die jungen Leute. Wir haben uns gerade heute in der Europastaatssekretärsrunde verpflichtet, innerhalb der Bundesregierung noch einmal ganz gezielt zu schauen: Wo und wie können wir in den nächsten Monaten konkret Griechenland helfen?

Wagner: Also muss man nicht davon ausgehen, dass jetzt quasi durch die Hintertür doch wieder Eurobonds oder die Vergemeinschaftung von Schulden in Frage kommen? Ist dies völlig ausgeschlossen und ist es nicht so, dass das Regierungshandeln der SPD ja insoweit jetzt mehr nicht die Aussagen der früheren Oppositions-SPD widerspiegelt?

Staatsminister/AA Roth, MdB: Ein Koalitionsprogramm ist ein Kompromissprogramm und ich beziehe mich in meinen Aussagen ausdrücklich auf den Koalitionsvertrag: Der gilt.

Wagner: Können Außenminister Steinmeier und auch Sie als Staatsminister jetzt sozialdemokratische Akzente in der Außenpolitik setzen? Wie setzen Sie sich vom Vorgänger Westerwelle ab?

Staatsminister/AA Roth, MdB: Wenn Sie sich hier die ersten Wochen im Auswärtigen Amt anschauen, dürften eine Fülle von Akzentverschiebungen und deutliche Hinweise auf einen Politikwechsel erkennbar sein. Das Auswärtige Amt treibt die deutsche Außen- und Europapolitik aktiv voran und das im Dialog auf Augenhöhe mit unseren Partnern. Die deutsch-französischen Beziehungen sind so gut wie schon lange nicht mehr. Das eröffnet die Chance, Europa insgesamt voranzubringen. Und wir haben gerade die sozialen Themen wieder auf die europäische Tagesordnung gesetzt. Die Chancen wollen wir jetzt nutzen und wir laden auch die Kolleginnen und Kollegen in der Europäischen Union dazu ein. Ich habe den Eindruck: Das kommt gut an.

Wagner: Wenn man sich den Koalitionsvertrag anschaut, dann fasse ich etwas verkürzt, aber vielleicht dennoch zutreffend zusammen: Frau Merkels Handschrift ist 1:1 enthalten, was die Frage der Europolitik angeht. Wenn Sie jetzt sagen: Wir als SPD bringen mit BM Steinmeier jetzt die soziale Frage wieder aufs Tapet, dann muss man doch jetzt vielleicht auch Folgendes erkennen: In vier Jahren hat die Regierung vielleicht eine gute Europolitik gemacht, bei der sich die SPD tatkräftig miteingebracht hat. Aber am Ende hilft es vielleicht doch wieder nur der Kanzlerin und sie erntet beim Wähler die Lorbeeren. Haben Sie vielleicht ein wenig Angst, dass man Ihre Erfolge der Kanzlerin zurechnen könnte?

Staatsminister/AA Roth, MdB: Bevor ich mir Gedanken darüber mache, wer für Erfolge verantwortlich gemacht wird, arbeite ich erst einmal kräftig für die Erfolge. Und eins ist klar: Der soziale und gesellschaftliche Zusammenhalt in Europa ist ein sozialdemokratisches Projekt und eine deutliche Akzentverschiebung. Jetzt geht’s in den nächsten Jahren darum, dass das für jene Bürgerinnen und Bürger in der Europäischen Union auch spürbar wird, die sich derzeit als Verlierer des europäischen Integrationsprozesses und der Krisenpolitik empfinden.

Wagner: Können Sie die wichtigsten Schritte, die man für dieses Ziel angehen muss, nennen?

Staatsminister/AA Roth, MdB: Der erste und wichtigste Schritt ist es, die EU wieder als Gemeinschaft zu verankern, die ihre Werte nicht nur auf dem Papier hat, sondern sie auch konkret lebt und ausfüllt. Zweiter Punkt: Wir nehmen den Kampf gegen die Massenarbeitslosigkeit von jungen Leuten entschieden auf und schaffen damit auch neues Vertrauen. Drittens: Wir arbeiten dafür, dass es neben einer Währungsunion zukünftig auch eine Wirtschaftsunion gibt, die verbindliche Ziele und Leitlinien für die Sozial-, Beschäftigungs-, Arbeitsmarkt- und Steuerpolitik beinhaltet. Viertens: Wir werden den sozialen und gesellschaftlichen Zusammenhalt in der Europäischen Union ausbauen. Fünftens: Europa soll gerade auch in außen- und sicherheitspolitischen Fragen stärker mit einer Stimme sprechen. Da sind gerade auch die neuen gemeinsamen Projekte von Deutschland und Frankreich eine große Chance.