MdB Markus Tressel, Generalsekretär der Saar-Grünen, zum plötzlichen Ende der Jamaika-Koalition im Saarland. Für ihn war alles von langer Hand vorbereitet.
ET-Media: Die Grünen wurden von der Ministerpräsidentin für ihre Arbeit in der Koalition gelobt, dennoch sind sie aus der Regierung geflogen. Wie sauer sind Sie?
Sauer ist da sicher das falsche Wort. Wir haben viele unserer Punkte in dieser Koalition umsetzen können. Wir hätten das eine oder andere Thema gerne noch realisiert, das sage ich auch ganz offen. Aber wenn eben der Lauf der Dinge so ist, dass man entschieden hat, dass diese Koalition nicht weiterarbeiten kann, dann ist das so. Wissen Sie, menschliche Enttäuschungen mögen sicher eine Rolle spielen, aber die müssen dann auch relativ schnell wieder beiseitetreten, um eben die Sacharbeit organisieren zu können.
ET-Media: Fühlen Sie sich von der Ministerpräsidentin übergangen?
Also, ich bin jetzt nicht seit drei Tagen ununterbrochen am Weinen. Wenn eine Koalition ohne Vorankündigung beendet wird und zudem auch noch so, dass die SPD bereits einen Tag zuvor über die Aufkündigung informiert wurde, dann ist das kein besonders freundlicher Akt. Aber wir können uns nicht mit schlechten Gefühlen aufhalten. Jetzt geht es darum, die Oppositionsarbeit zu organisieren, und dabei sind schlechte Gefühle immer auch schlechte Berater. Natürlich ist das keine freundliche Umgangsform mit uns gewesen. Aber irgendwann muss man dann auch sagen: Okay, der Weg ist so, wie er von den anderen gewählt wurde.
Als Koalitionspartner der Linken im Land sind die Grünen ja jetzt verbrannt. Wie stehen die Saar-Grünen denn nun im Land da?
Wir gehen erhobenen Hauptes in die Opposition. Insofern haben wir auch kein Problem damit, Neuwahlen zu fordern. Wie brauchen diese Wahlen nicht fürchten, weil wir eine gute inhaltliche Bilanz dieser Koalition ziehen können
ET-Media: Hat sich das Experiment „Jamaika“ gelohnt?
Die Koalition hat sich sicher für uns gelohnt: Wir haben es geschafft, eine Bildungsreform auf den Weg zu bringen, die keine andere Konstellation so auf den Weg gebracht hätte. Wir haben die Energielandschaft im Saarland neu geordnet. Das waren inhaltlich zwei gute Jahre.
ET-Media: Ist Hubert Ulrich als einer der Väter dieses Experimentes jetzt beschädigt?
Hubert Ulrich ist nicht beschädigt. Wir haben damals ja innerhalb der Partei einen Entschluss gefasst, den nicht Herr Ulrich entschieden hat, sondern zwei Parteitage. Es war ein Experiment, Rot-Rot-Grün wäre ein mindestens genauso wagnisreiches Experiment gewesen. Wir haben jetzt gesehen, dass das Experiment nicht funktioniert hat. Zumindest nach Lesart der Ministerpräsidentin, die ja nur persönliche Animositäten in der FDP als Grund angegeben hat. Für uns ist unser großer inhaltlicher Erfolg letztendlich die Messlatte für den politischen Erfolg, den wir erzielt haben.
ET-Media: Denken Sie, die Koalition hätte noch etwas länger gehalten, wenn Frau Kramp-Karrenbauer sie nicht am Dreikönigstag beendet hätte?
Ich glaube, dass diese Konstellation durchaus auch noch länger hätte zusammenarbeiten können. Ich denke, Frau Kramp-Karrenbauer hätte sich nichts vergeben, wenn sie noch zwei Monate gewartet hätte, um zu schauen, wie sich das bei der FDP tatsächlich entwickelt. Ich glaube, dass es schon sehr lange Verhandlungen mit der SPD gab, und dass dies der wahre Hintergrund ist, die Koalition auf diese Art und Weise in die Luft zu jagen. Ich glaube, dass jemand wie Annegret Kramp-Karrenbauer keine Koalition aufkündigen würde, ohne einen Plan B zu haben. Ich habe den Eindruck, dass die Große Koalition schon lange ausgedealt war.
ET-Media: Es gibt ja „staatsanwaltschaftliche Ermittlungen im Umfeld der FDP“. Hätte man die Koalition deshalb nicht schon früher beenden müssen?
Wir hätten mal gemeinsam im Koalitionsausschuss über diese Sache sprechen müssen, bevor diese Koalition in die Luft gejagt wird. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Die Koalition war keine Liebesheirat gewesen und es hat sich auch keine Liebe entwickelt. Es hat sich alles so entwickelt, wie es sich in den letzten drei Wochen eben entwickelt hat.
Interview: Frank M. Wagner