Berlin, 11. März 2011: Um es gleich vorweg zu nehmen: Ja, Yvonne Ploetz ist durchaus eine attraktive Frau. Ob sie nun auch die neue „Miss Bundestag“ wird, wie die Bildzeitung in einer Ausgabe vom Januar 2010 fragte, sollte das Blatt wohl am besten selbst beantworten. Zwar findet Ploetz die Frage des Springer-Mediums „nett“, macht aber im gleichen Atemzug deutlich: „Ich wäre froh, wenn ich in einem solchen Artikel parallel auch als Politikerin wahrgenommen und dementsprechend vor allem inhaltlich vorkommen würde. Ich habe Ziele, die ich erreichen will. Und die sind eben inhaltlicher Art.“ Diese Klarstellung sitzt.

Lächelnd fügt die 26-jährige hinzu, sie sei schließlich nicht in Berlin, um bei „Germany’s Next Topmodel“ mitzumachen. Genau. Die Linke Ploetz ist also offenbar nicht Nachfolgerin der Grünen-Abgeordneten Agnes Krumwiede, die Bild im Jahre 2009 zur „Miss Bundestag“ kürte. Nein, Yvonne Ploetz ist seit Februar 2010 die Nachfolgerin von Oskar Lafontaine im Deutschen Bundestag. Simple as that. Inhaltlich unterstützt sie dabei die Kampagne gegen Rente mit 67 genauso wie den Rückzug aus Afghanistan. Ihr Hauptthema ist allerdings die Jugendarmut. „Daran kann man viele Probleme festmachen, die junge Leute heutzutage haben. Von der Arbeitslosigkeit bis zur fehlenden Übernahme eines jungen Arbeitnehmers nach der Ausbildung bis hin zu prekärer Beschäftigung oder Widrigkeiten in den Sozialgesetzbüchern“, sagt die aktuell zweitjüngste weibliche Bundestagsabgeordnete und wirkt dabei authentisch. Durch Ihr Alter ist Ploetz noch recht nah an der betroffenen Bevölkerungsgruppe dran. Außerdem schreibt sie aktuell auch ihre Magisterarbeit zum Thema. Ein schlüssiges Gesamtkonzept mit ganzheitlichem Ansatz möchte man sagen. Von der viel zitierten Realitätsferne, die man bei dem einen oder anderen Berliner Politiker sonst so feststellen kann, jedenfalls keine Spur. Das hängt vermutlich auch mit dem Werdegang der gebürtigen Saarbrückerin zusammen. Als Studentin hat sie oft in Restaurants und Kneipen gearbeitet, um die laufenden Kosten ihres Studiums zu verdienen. Zum Schluss landete sie dann in einer kleinen Eckkneipe, in der sie zwei Mal pro Woche tätig war. Durch die vielen Gespräch dort und anderswo weiß sie durchaus, wo den gemeinen Bürger der Schuh drückt. Ihr Leben an der Uni, ihr Freundeskreis und ihre Familie sorgen zudem dafür, dass die Abgeordnete die Bodenhaftung und den Blick auf das reale Leben nicht verliert.

Plötz‘ Weg zum MdB-Mandat
Aber, wie wird man eigentlich kurzfristig zum MdB? Über das Radio erfuhr Yvonne Ploetz zunächst von der Krebserkrankung Oskar Lafontaines. Kurz darauf kam dann ein Anruf, indem man ihr sagte, es könne gut sein, dass sie in den Bundestag nachrücken würde. „Da steht man dann erst einmal vor einem Riesenberg an Herausforderungen und muss Strukturen und Wege finden, diese zu meistern“, sagt Ploetz. Dann gab Oskar Lafontaine eine Pressekonferenz, deren genauen Termin sie allerdings nicht kannte. Die Journalisten schienen allerdings schon im Vorfeld genau zu wissen, dass Lafontaine zurücktrete und es eine Nachfolgerin geben würde. „Dies habe ich den Medien an diesem Tag morgens entnommen und dann spontan per Twitter geschrieben, dass ich das Mandat selbstverständlich -mit viel Leidenschaft und großem Respekt vor der Aufgabe- annehme. Danach kam dann die Pressekonferenz und in jedem Artikel stand daraufhin zu lesen, dass ich bereits vorab die Bereitschaft zur Übernahme seines Mandats erklärt hatte. Das war natürlich ein „toller“ Einstieg“ lacht die Neu-Berlinerin.
Im Regierungsviertel hat die Politikerin ihr Büro in der Wilhelmstraße 68, direkt gegenüber vom ARD-Hauptstadtstudio. Hier plant sie ihre größeren politischen Kampagnen meist an einer überdimensionalen Pinnwand (siehe Foto). „Das habe ich im Politikmanagementkurs der Rosa-Luxemburg-Stiftung gelernt. Da wurde erklärt, wie man Ideen verbildlichen kann. Das mache ich an dieser Wand“, sagt sie. Im gleichen Gebäude, nur zwei Stockwerke tiefer, befindet sich das Büro von Parteifreund Thomas Lutze, der ebenfalls für die Saarland-Linken im Bundestag sitzt.

Von der Jungen Union zur Linken
Zur Partei Die Linke bzw. seinerzeit zur PDS ist Yvonne Ploetz übrigens gestoßen, nachdem sie sich die Parteiprogramme aller Parteien geordert und durchgelesen hatte. Denn eine Linke war Ploetz tatsächlich nicht immer. Sie kommt vielmehr von der Jungen Union (JU), der gemeinsamen Jugendorganisation der CDU und CSU. „Meine Eltern haben nie verstanden, was ich da will“, lacht sie. Aber als sie mit 14 Jahren unbedingt politisch aktiv werden wollte, lebte sie in einem ländlichen Raum ohne ausgeprägte Verkehrsinfrastruktur. So blieb ihr nichts anderes übrig, als sich vor Ort eine politische Plattform zu suchen. In ihrer Punkphase mit etwa 16 Jahren passte sie dann allerdings nicht nur rein optisch schon lange nicht mehr zur JU. Der Führerschein brachte Ploetz zur Volljährigkeit dann nicht nur ein Plus an Mobilität, sondern vor allem auch neue und andere politische Möglichkeiten. Rückblickend sagt sie über ihre Zeit in der JU: „Ich habe dort allerdings die Methoden des Politikmachens gelernt, denn die lernt man in allen Parteien. Man lernt die Strukturen kennen, die dahinterstehen.“
Mit den Abgeordneten anderer Parteien versteht Ploetz sich auch als MdB sehr gut. „Ich würde mich freuen, zum Beispiel mit Nadine Schöne von der CDU mal ein Bier trinken zu gehen.“ Dafür habe die Zeit bislang zwar noch nicht gereicht, immerhin begegne man sich aber schon mal am Flughafen und komme ins Gespräch. „Es gibt da durchaus eine Ebene, auf der man sich versteht“, sagt Yvonne Ploetz. Auch Christian Schmitt, den Fraktionsvorsitzenden der FDP im saarländischen Landtag, schätze sie sehr. Kennengelernt haben sich beide bei einer Wahlkampfveranstaltung in einer Schule in Homburg. „Wir saßen zu Fünft vorne auf dem Podium. Jeder hatte sein Glas neben sich stehen. Und als es um die Atompolitik ging, habe ich mich zurückgelehnt und ihm dabei aus Versehen das Wasserglas übergeschüttet. Seitdem verstehen wir uns eigentlich ganz gut und tauschen uns auch häufiger einmal aus“.

Frank M. Wagner
ET-Media, Berlin

Von EIC

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert